Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug RoHS Ausnahme 6a: Blei in Stahl


von Georg S. (randy)


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Hallo Leute,

bei uns in der Firma wird mal wieder eine neue Sau durchs Dorf 
getrieben. Es sollen alle Zulieferteile auf RoHS ohne Nutzung von 
Ausnahmen umgestellt werden (beides: Katalogteile und vom Zulieferer für 
uns gefertigte Elektronik-Komponenten).
Aus einer zwei Jahre alten Diskussion mit dem Zulieferer habe ich 
mitgenommen dass es keine Schrauben (die ganz normalen, verzinkten) und 
andere Teile aus Eisen/Stahl gibt die nicht die RoHS Ausnahme 6a bzw. 
neuerdings 6a-I und 6a-II nutzen. Die Meinung des RoHS-Beauftragten des 
Zulieferers war dass es die Ausnahme ja v.a. deshalb gibt weil es nicht 
zu vermeiden ist.


Andererseits haben unsere Mechaniker vermeldet dass sie jetzt alle 
Mechanik RoHS konform ist ohne Ausnahmen zu benutzen. Jetzt frage ich 
mich: Wie passt das zusammen? Wenn ich im Internet nach Schrauben suche, 
finde ich keine eindeutigen Aussagen. Es heißt immer "RoHS konform" 
(ohne konkret zu nennen ob jetzt mit oder ohne benutzte Ausnahmen). 
Bevor ich jetzt Schrauben-Hersteller abklappere um zu sehen ob es da 
vielleicht einen gibt frage ich mal hier nach...

Zu der Ausnahme siehe pdf ab S.43:
https://rohs.exemptions.oeko.info/fileadmin/user_upload/RoHS_Pack_22/RoHS_Pack-22_final_report_amended_February_2022.pdf

von Lutz B. (lutzbroszio)


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Ohne es genau zu wissen, aber wenn RoHS eine Ausnahme enthält, dann ist 
es doch konform, wenn diese Ausnahme genutzt wird, oder?

von Matthias S. (dachs)


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Georg S. schrieb:
> Andererseits haben unsere Mechaniker vermeldet dass sie jetzt alle
> Mechanik RoHS konform ist ohne Ausnahmen zu benutzen. Jetzt frage ich
> mich: Wie passt das zusammen?

Warum fragst Du nicht Eure Mechaniker?

von Herbert Z. (herbertz)


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Blei dient im Automatenstahl der Spanbrüchigkeit. Besondere Gefahren 
gehen davon nicht aus, ergo kann man es sich sparen Blei in Stahl zu 
thematisieren.
Ich habe während einer meiner Ausbildungszeiten einen Glockenkörper für 
eine Klingel gehämmert und zwar mit Hilfe einer dicken Bleiplatte. Ich 
lebe heute noch, ich habe diesen extremen Kontakt mit diesem Gift 
tatsächlich überlebt.

von Armin X. (werweiswas)


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Erinnert mich an die damals ersten superhellen roten LEDs. Was wurde 
dastellenweise für ein ROHS-Bohei darum gemacht weil Arsen im Name drin 
ist...

von Harald W. (wilhelms)


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Herbert Z. schrieb:

> Ich habe während einer meiner Ausbildungszeiten einen Glockenkörper für
> eine Klingel gehämmert und zwar mit Hilfe einer dicken Bleiplatte. Ich
> lebe heute noch, ich habe diesen extremen Kontakt mit diesem Gift
> tatsächlich überlebt.

Fühlst Du Dich nach (zu) kurzem Schlaf nicht auch mal, als hättest Du
Blei in den Adern?

von Nick (gogol)


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Herbert Z. schrieb:
> Ich habe während einer meiner Ausbildungszeiten einen Glockenkörper für
> eine Klingel gehämmert und zwar mit Hilfe einer dicken Bleiplatte. Ich
> lebe heute noch, ich habe diesen extremen Kontakt mit diesem Gift
> tatsächlich überlebt.

Was für ein Unfug! Wieviele Menschen sterben an den Folgen von Nikotin, 
allerdings lange nicht alle. Lediglich das Risiko bestimmte Krankheiten 
zu bekommen steigt teilweise um mehrere 100%.  Gegenbeispiele beim 
Rauchen: Helmut Schmidt.

Ich habe als Jugendlicher auch Eternit-Platten von einer Deponie geholt, 
wo ein Eternit Werk Mängelexemplare entsorgt hat. Die haben wir mit 
Bügelsägen zerteilt und Hütten damit gebaut. Hat mir bis jetzt 
glücklicherweise noch keine Folgen, jedoch sind die Folgen der Asbestose 
bei den dortigen Arbeitern dokumentiert.

von Michael B. (laberkopp)


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Herbert Z. schrieb:
> Blei dient im Automatenstahl der Spanbrüchigkeit. Besondere Gefahren
> gehen davon nicht aus,

Du hattest wohl nie so einen Automatenstahl in der Hand, auch Messing 
und Alu wird 'beschwert'. Ekeliges Handgefühl was sich da schwarz 
abreibt, man will sich spontan die Hände waschen. Natürlich ist das 
abgeriebene Blei genau so übel wie bei Bleilot.

Heute gibt es aber Automatenlegierungen mit Mangan als Spanbrecher, Blei 
ist nicht mehr nötig. Wobei sich dann die Legierungsnummer ändert und 
ein paar Kennzahlen.

von Michael B. (laberkopp)


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Armin X. schrieb:
> Erinnert mich an die damals ersten superhellen roten LEDs. Was
> wurde dastellenweise für ein ROHS-Bohei darum gemacht weil Arsen im Name
> drin ist...

Tja  damals gab es kein RoHS, heute weiss man es besser

https://gestis.dguv.de/data?name=109337

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Galliumarsenid#:~:text=Gesundheitliche%20Gefahren,kann%20beim%20Menschen%20Krebs%20ausl%C3%B6sen.

Der Bohei war gerechtfertigt.

von Jürgen H. (calor)


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Michael B. schrieb:
> Du hattest wohl nie so einen Automatenstahl in der Hand, auch Messing
> und Alu wird 'beschwert'. Ekeliges Handgefühl was sich da schwarz
> abreibt, man will sich spontan die Hände waschen. Natürlich ist das
> abgeriebene Blei genau so übel wie bei Bleilot.

Mit Erfahrung aus über 30 Jahren der von Verarbeitung Automatenstahl und 
Messing kann ich Dir sagen, daß das was sich da beim Automatenstahl 
eventuell schwarz abreibt Reste des zugefügten "Schmiermittels" vom 
Ziehen, irgendwelche Oxide oder eine vom Hersteller aufgebrachte 
Korrosionsschutzschicht ist.
Eine Legierung "schwitzt" doch kein Blei aus.

Natürlich sind Drehteile aus Automatenstahl oder Messing ohne Blei 
möglich, verursachen aber in der Produktion erhebliche Schwierigkeiten 
und Mehrkosten. Das will dann wieder keiner bezahlen.

von Georg S. (randy)


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Matthias S. schrieb:
> Warum fragst Du nicht Eure Mechaniker?

WEil es besser ist mit etwas Vorkenntnis in die Diskussion zu gehen. Vor 
allem wenn Firmenpolitik im Spiel ist.

Jürgen H. schrieb:
> Natürlich sind Drehteile aus Automatenstahl oder Messing ohne Blei
> möglich, verursachen aber in der Produktion erhebliche Schwierigkeiten
> und Mehrkosten.

Ich hab hier z.B. ein rechteckiges Messingblech mit 4 Löchern drin. Die 
kriegt man da sicher auch in bleifreies Messing rein gewürgt. Wenn ich 
mir innerhalb der Firma Ärger (und Schriftkram) vom Hals halten kann, 
darf der Zulieferer ruhig die Mehrkosten in Rechnung stellen.

Herbert Z. schrieb:
> Blei dient im Automatenstahl der Spanbrüchigkeit. Besondere Gefahren
> gehen davon nicht aus, ergo kann man es sich sparen Blei in Stahl zu
> thematisieren.

Ich persönlich habe keine Angst vor Blei (da bin ich bei dir), sondern 
vor RoHS-Papierkrieg...


Michael B. schrieb:
> Heute gibt es aber Automatenlegierungen mit Mangan als Spanbrecher, Blei
> ist nicht mehr nötig.

Ah, das ist ein sehr guter Hinweis. Damit kann ich mal gezielter suchen. 
Wegen genau solchen Hinweisen und Hilfen habe ich mir ein dickes Fell 
zugelegt und frage hier nach.
Weißt du seit wann das allgemein verfügbar ist? War das vor zwei/drei 
Jahren noch anders?

von Rainer D. (rainer4x4)


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Jürgen H. schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Du hattest wohl nie so einen Automatenstahl in der Hand, auch Messing
>> und Alu wird 'beschwert'. Ekeliges Handgefühl was sich da schwarz
>> abreibt, man will sich spontan die Hände waschen. Natürlich ist das
>> abgeriebene Blei genau so übel wie bei Bleilot.
>
> Eine Legierung "schwitzt" doch kein Blei aus.
Er weiss es halt nicht besser. Hatten wir doch letzte Tage in einem 
anderen Thread noch. Der übliche Laberkopp halt.

von Oliver S. (oliverso)


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Georg S. schrieb:
> Andererseits haben unsere Mechaniker vermeldet dass sie jetzt alle
> Mechanik RoHS konform ist ohne Ausnahmen zu benutzen. Jetzt frage ich
> mich: Wie passt das zusammen?

Warum fragst du dich das?
Wenn die ROHS bestätigen, und dafür verantwortlich sind, hak das 
Kästchen ab, und fertig.

Oliver

von Michael B. (laberkopp)


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Georg S. schrieb:
> War das vor zwei/drei Jahren noch anders?

Nein, gibt es schon lange, selbst vor Erfindung von RoHS.

Rainer D. schrieb:
> Er weiss es halt nicht besser.

Ich nehm ein Automaten(stahl/messing)stück, drehe oder fräse es auf 
Mass, und die Oberfläche ist immer noch ekelig und reibt ab. Ich nehm 
ein Bleiteststäbchen und das schlagt an.

Das ist Praxis, nicht Rainer Dummschwatz.

von Oliver S. (oliverso)


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Jürgen H. schrieb:
> Eine Legierung "schwitzt" doch kein Blei aus.

Blei liegt in Automatenstählen tatsächlich in reiner metallischen Form 
in winzigen Partikeln vor.

Auch wenn die schwarze Färbung der Finger nicht davon kommt, wirds sich 
mit den Teststreifen wohl nachweisen lassen.

Oliver

von Martin S. (sirnails)


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Blei in Automatenstählen mag zwar per se kein Problem sein, aber Stahl 
rostet und verwittert und darüber gelangt viel Blei in die Umwelt. Es 
gibt eine Studie des UBA dazu. Es ist erschreckend, wieviel Blei 
tatsächlich irgendwann in den Flussmündungen nachweisbar ist. Das sind 
zig Tonnen jährlich.

Also ja, auch wenn der Stahl selbst kaum nennenserte Mengen abgibt, wird 
er es doch irgendwann bei der Verwitterung.

Schlussendlich sieht aber nieman den Elefant im Porzellanladen: 
Alt-Stahl, der als Legierungsbestandteil frischen Eisen zugesetzt wird.

Würde man Blei komplett verbieten, müsste man den gesamten Bestand an 
Altmetall "vernichten". Irrsinniges Vorhaben. Daher hat man sich darauf 
geeinigt, die Beimengungen zu reduzieren und mit jeder Tonne neuem 
Eisens wird es auch immer weniger Blei, wobei die absolut genutzte Menge 
natürlich unverändert bleibt; egal wie stark man es verdünnt. Früher 
oder später landet das Blei dann immer in der Umwelt.

von Ralf X. (ralf0815)


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Martin S. schrieb:
> Es ist erschreckend, wieviel Blei
> tatsächlich irgendwann in den Flussmündungen nachweisbar ist. Das sind
> zig Tonnen jährlich.

Frage ist da aber nach der überwiegenden Herkunft.
Für einen Grossteil dürften Jäger und Angler verantwortlich sein.
Oder auch die Altlasten aus den Kriegen, Industriebrachen, wilde und 
unsanierte Mülldeponien usw.

von Oliver S. (oliverso)


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Martin S. schrieb:
> Es ist erschreckend, wieviel Blei tatsächlich irgendwann in den
> Flussmündungen nachweisbar ist. Das sind zig Tonnen jährlich.

Das ist mal wieder so eine Aussage...

Zig Tonnen klingt zunächst ja fürchterlich viel. Wenn man dad dann aber 
auf die Wassermengen bezieht, die viele zig Tonnen pro Millisekunde 
betragen, ist doch eher nicht ganz so viel.

Einschränkung muss man natürlich trotzdem.

Oliver

von Martin S. (sirnails)


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Ralf X. schrieb:
> Frage ist da aber nach der überwiegenden Herkunft.

Für das Jahr 2021/2022 berichtet das Umweltbundesamt:

Bleiemission in die Luft: rund 150 Tonnen pro Jahr. (2022: ca. 151,7 t; 
2021: ca. 155 t).

Bleieinträge ins Wasser: unter 100 Tonnen pro Jahr. (z. B. 2016 
geschätzt ≈100–150 t; Tendenz seit Jahren stagnierend auf diesem 
Niveau).

Direkte Bleiemission in Boden: 0 Tonnen (keine nennenswerten direkten 
Freisetzungen laut Register​

Quellgruppe  Aktueller Beitrag zu Bleiemissionen
Straßenverkehr (Brems- und Reifenabrieb)  Größte Einzelquelle (dominiert 
die Bleiemission seit Verbot von verbleitem Benzin).
Metallindustrie (Hüttenwesen, Metallverarbeitung)  Bedeutender Beitrag 
neben dem Verkehr (prozessbedingte Emissionen in NE-Metall- und 
Stahlindustrie).
Energiewirtschaft (Kohle-, Öl- und Müllverbrennung)  Heute relativ 
kleiner Anteil; früher stärker, dank Filter heute deutlich reduziert.
Private Quellen (Hausbrand, Kleinverbraucher)  Kaum relevant; dank 
sauberer Brennstoffe vernachlässigbar gering.
Sonstige diffuse Quellen (z. B. Jagdmunition)  Lokal bedeutend 
(Munition: Eintrag in Böden/Gewässer), gesamtstaatlich jedoch gering.

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Ballern die eigentlich in der Ukraine Blei und Uranfrei?
Frage für einen Freund.....

von Matthias S. (dachs)


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Georg S. schrieb:
> Vor
> allem wenn Firmenpolitik im Spiel ist

hält man sich als Techniker da raus und lässt die Firmenpolitiker 
politisieren.

von Armin X. (werweiswas)


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Michael B. schrieb:
> Der Bohei war gerechtfertigt.

Und wie sollte das GaAs aus den damaligen 5mm LEDs in meinen Körper 
kommen?
OK, die Herstellungsbedingungen machen mir, wie so oft, nichts aus.

von Michael B. (laberkopp)


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Armin X. schrieb:
> Und wie sollte das GaAs aus den damaligen 5mm LEDs in meinen Körper
> kommen

In dem du deine LED an eine 5V Spannungsquelle mit 10A anschliesst.

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