Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Signal im nV Bereich verstärken


von Dummesschaf (Gast)


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Hallo zusammen,

ich stehe zur Zeit vor dem Problem, dass ich ein Signal von Rund 1nV 
(bei ca. 2kHz) verstärken muss.
Das Signal wird durch Induktion in einer Spule erzeugt (dabei handelt es 
sich um ein NMR (Kernspinresonanzspektroskopie) Projekt).

Um ein möglichst gutes Signal zu generieren, habe ich einen 
LC-Schwingkreis mit einer Resonanzfreq. von 2kHz eingebaut. Nach der 1. 
Verstärkerstufe will ich Filtern und nochmal verstärken. Der 
Verstärkungsfaktor der 1. Verstärkerstufe sollte wenn möglich im Bereich 
von 10^5 - 10^6 liegen (in der Schaltung habe ich erstmal mit 100 
experimentiert).

Da ich im nV-Bereich messe, will ich einen low noise/low input offset 
amplifier verwenden. Hierfür habe ich mir den LT1028/LT1128 rausgesucht.
Die Schaltung habe ich angehängt.


Nun habe ich das ganze mal mittels pSpice siumulieren wollen - hierbei 
bekomme ich aber nur Murks raus. Das Eingangssignal wird nicht verstärkt 
sondern erhält lediglich einen Offset von 9nV. Erst wenn ich ein Signal 
von 1mA Amplitude einstelle, verstärkt der Verstärker wie erwartet.
Nehme ich ein ideales OPV-Modell in pSpice, so funktioniert auch alles 
mit 1nV.

Zuerst dachte ich, dass meine Quelle den input bias current von 25-50nA 
nicht liefern kann und habe noch eine Stromquelle zum Test hinzugefügt, 
was leider keine Verbesserung gebracht hat.


Was mache ich falsch bzw. was verstehe ich hier gerade nicht ? Über ein 
paar Ratschläge von euch Experten würde ich mich freuen. Auch ein 
anderes (kostengünstiges) Konzept wie man im nV-Bereich (einfach) 
verstärken kann nehme ich gerne an ;)


Vielen Dank schonmal für eure Antwort!

Schaf

von Lukas K. (carrotindustries)


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Wenn überhaupt, dann mit einem Lock-in-Verstärker. Wie breitbandig ist 
dein Eingangssignal? Thermisches Rauschen an Widerständen ist bei derart 
kleinen Spannungen auch nicht zu vernachlässigen. Dein 50 Ohm Widerstand 
rauscht bei Raumtemperatur bei 100Hz Bandbreite bereits mit 9nV. Zieh' 
dir mal die Appnotes von Jim Williams seufz bei Linear Technology 
rein. Einige davon vermitteln einem recht gut Wissen über den Umgang und 
die Messung kleinster Spannungen.

von M. K. (sylaina)


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Von Keithley gibts auch eine interessante Lektüre welche das Thema "Low 
Voltage Measurement" behandelt. Ist hierbei unbedingt zu empfehlen: 
http://www.keithley.com/knowledgecenter/knowledgecenter_pdf/LowLevMsHandbk_1.pdf

von Michael B. (laberkopp)


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10^6 kannst vergessen, ein LT1028 ist für 1nV nicht die richtige Wahl, 
obwohl er für niederohmige Quellen schon passend wäre. Den input offset 
current muß die Quelle auch nicht liefern, der fliesst durch deine 50 
Ohm.

Lock-in klingt wie eine passende Wahl.

Theoretisch kann man 2kHz Signale auch gut mit Trafos verstärken, aber 
wohl nicht im Magnetfeld eines Kernspin-Tomographen.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Michael Bertrandt schrieb:
> Theoretisch kann man 2kHz Signale auch gut mit Trafos verstärken, aber
> wohl nicht im Magnetfeld eines Kernspin-Tomographen.

Ohnehin bleibt die frage, wie weit die Schaltung des TOs vom MRT 
entfernt sein wird, bzw. wie gut geschirmt sie ist, denn die starken 
Magnetfelder dürften in jeder noch so kleinen Leiterschleife eine 
Spannung induzieren, die dir die Messung verhagelt. Versuche die Anzahl 
von Bauteilen im Signalweg zu reduzieren, denn (fast) alles rauscht 
irgendwie.

Beitrag "Einfacher Messverstärker 10 Hz - 100 KHz" kennst du?

von Henrik V. (henrik_v)


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Ich vermute deine Spule wird kleinste magnetische Wechselfelder 
empfangen.
Warum dann die 9nV Spannungsquelle im Schwingkreis ? Oder hat die noch 
ein R_i >0 ?? Die Spannungsquelle sorgt sonst immer für definierte 
Potentiale egal was da für Schwingkreise dran hängen ;)

Ich würde in Deinem Modell zwei Spulen mit loser Kopplung nehmen.

Ein anderer Ansatz wäre ein Transimpedanzverstärker mit der Spule als 
Stromquelle.

von Kai K. (klaas)


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von hinz (Gast)


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Michael Bertrandt schrieb:
> Kernspin-Tomographen

Es gibt auch andere Anwendungen als Tomographie, und da sehen die 
Magnete doch etwas anders aus.

von Achim S. (Gast)


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Dein seltsames Simulationsergebnis hat denke ich folgende Erklärung:
Spice simuliert die Schaltung nicht exakt sondern  mit iterativen 
Näherungsverfahren. Es wird so lange gerechnet, bis der Spannungswert 
weit genug konvergiert ist. Dein 1nV in der OPV-Eingangsstufe liegt 
unter dieser Genauigkeitsgrenze und wird einfach ignoriert.

Ich habs grade in LTSpice ausprobiert: mit den Standarteinstellungen 
sehe ich nicht mal das Sinussignal am Ausgang der Spannungsquelle. Aber 
wenn ich im Control Panel die "Absolute Voltage Tolerance" auf 1E-11 
stelle wird auch das eine nV noch ernst genommen und die Schaltung 
funktioniert wie erwartet.

schöne Grüße

Achim

von Kai K. (klaas)


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>Nun habe ich das ganze mal mittels pSpice siumulieren wollen - hierbei
>bekomme ich aber nur Murks raus. Das Eingangssignal wird nicht verstärkt
>sondern erhält lediglich einen Offset von 9nV.

Simulatoren sind gebaut, um das Verhalten von realistischen Schaltungen 
zu simulieren. nV-Signale zu verstärken gehört eher nicht dazu, weil 
selbst bei einem ultra-rauscharmen Verstärker mit nur 1nV/SQRT(Hz) 
Eigenrauschen das Signal hoffnungslos im Rauschen untergeht. Das geht 
nur mit extrem schmalbandigen Spezialschaltungen wie beispielsweise 
Lock-In-Verstärkern.

>Auch ein anderes (kostengünstiges) Konzept wie man im nV-Bereich
>(einfach) verstärken kann nehme ich gerne an ;)

Ähem, wenn es so einfach wäre, dann gäbe es auf dem Markt jede Menge 
32bit ADCs...

von Purzel H. (hacky)


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Das Ganze geht nur mit einem Lock-in Verstaerker, bedingt aber, dass man 
das System modulieren kann. Und dass die System Zeitkonstante weit 
unterhalb der Detektionsbandbreite liegt. Also, wenn man mit 1Hz 
filtert, sollte die System Geschwindigkeit kleiner als 100mHz sein.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Kai Klaas schrieb:
>>Auch ein anderes (kostengünstiges) Konzept wie man im nV-Bereich
>>(einfach) verstärken kann nehme ich gerne an ;)
>
> Ähem, wenn es so einfach wäre, dann gäbe es auf dem Markt jede Menge
> 32bit ADCs...

26Bit gibt es. Dann mit astronomischer Langsamkeit.

Ich habe leider noch keine verständliche Erklärung gefunden, wo denn nun 
die technologische oder wenigstens physikalische Grenze liegt. Das wäre 
mal interessant!

Die gängigen ca. 20Bit und 200KHz bei Audiowandlern scheinen auch 
irgendwie eine Grenze darzustellen.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Abdul K. schrieb:
> Ich habe leider noch keine verständliche Erklärung gefunden, wo denn nun
> die technologische oder wenigstens physikalische Grenze liegt. Das wäre
> mal interessant!

Die Frage hatte ich mir auch mal im Bezug auf das HP 3458A gestellt, 
welches seit über 20 Jahren mit unveränderter Auflösung und Genauigkeit 
produziert wird. Beitrag "Fortschritt in der Analogtechnik"

Und dann war da noch: 
http://www.home.agilent.com/agilent/product.jspx?nid=-536902435.536880934.00&lc=eng&cc=US 
100pV Empfindlichkeit für schnuckelige 3k€

von Kai K. (klaas)


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>Ich habe leider noch keine verständliche Erklärung gefunden, wo denn nun
>die technologische oder wenigstens physikalische Grenze liegt. Das wäre
>mal interessant!

Zunächst mal spielen Bauteiledriften (Langzeit, Temperatur, etc.), 
Hystereseeffekte und Thermospannungen eine Rolle. Könnte man durch 
Konstanthalten der Temperatur verringern. Bleibt die Langzeitdrift durch 
chemische Prozesse übrig. Könnte man durch niedrige Temperaturen 
verringern (-> Arrhenius).

Letztlich bleibt dann noch die quantenmechanische Unschärferelation des 
Samplingprozesses übrig...

von Kai K. (klaas)


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>Und dann war da noch:
>http://www.home.agilent.com/agilent/product.jspx?n...
>100pV Empfindlichkeit für schnuckelige 3k€

Die meisten industriellen Meßprozesse wären schon froh, sie kämen unterm 
Strich auf 1% Meßgenauigkeit. Das wären 7 echte Bit...

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Meßprozesse implizieren aber irgendeine Regelung und das ist nichts 
anderes als eine Erhöhung der Auflösung! Sozusagen der Integralanteil 
eines Delta-Sigma Wandlers in Form eines klotzigen massiven Reaktors ;-)

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Lukas K. schrieb:
> Abdul K. schrieb:
>> Ich habe leider noch keine verständliche Erklärung gefunden, wo denn nun
>> die technologische oder wenigstens physikalische Grenze liegt. Das wäre
>> mal interessant!
>
> Die Frage hatte ich mir auch mal im Bezug auf das HP 3458A gestellt,
> welches seit über 20 Jahren mit unveränderter Auflösung und Genauigkeit
> produziert wird. Beitrag "Fortschritt in der Analogtechnik"
>
> Und dann war da noch:
> 
http://www.home.agilent.com/agilent/product.jspx?nid=-536902435.536880934.00&lc=eng&cc=US
> 100pV Empfindlichkeit für schnuckelige 3k€

Das entspricht 26Bit, wenn sie den Anzeigeumfang nicht faken. Zufall 
oder Prema-Patente?

Der ältere vorherig genannte HP kommt überschlagsmäßig auf eine ähnliche 
Größenordnung.

Hm.

von j. c. (jesuschristus)


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Irgendwie hört sich das alles sehr dubios an. Wieso 2 kHz? Wieso nur ein 
paar nV? Ich denke nicht, dass das realistisch ist.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Im Prinzip kannst du das als herkömmliche Ferritantennen-Schaltung 
betrachten.
Du brauchst einen Vorverstärker, der das Rauschminimum bei 
überschlagsmäßig Z0=200 Ohm und 2KHz hat.

Da kommen die vielen Audio-Vorverstärker und eventuell was symmetrisches 
in Betracht, aka Instrumentation-Amp. Symmetrisch rauscht zwar mehr 
prinzipbedingt, aber eventuell hast du mehr als genug Störer?? Trafo 
könnte sich lohnen. Keksdose wird Pflicht, besser gleich zwei mit 
Mumetall.
Also AD, LTC, THAT, TI (bzw. NS). Oder diskret.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Abdul K. schrieb:
> Das entspricht 26Bit, wenn sie den Anzeigeumfang nicht faken. Zufall
> oder Prema-Patente?

Du meinst http://ohh.de/5610.htm ?

Abdul K. schrieb:
> Der ältere vorherig genannte HP kommt überschlagsmäßig auf eine ähnliche
> Größenordnung.
8½ Stellen sind ca. 27,57 Bit. So die Milchmädchenrechnung. Mit diversen 
Schutzeffekten könnte das hinkommen.

von M. K. (sylaina)


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Abdul K. schrieb:
> Ich habe leider noch keine verständliche Erklärung gefunden, wo denn nun
> die technologische oder wenigstens physikalische Grenze liegt.

In den parasitären Bauteileffekten. Überleg doch nur mal was für 
Anforderungen an Bauteile gestellt werden müssen für 24 bit, alleine die 
Temperaturdrift wird da schon ne spannende Sache wenn man nicht gleich 
10 von 24 bit wegwerfen will. Alleine bei 10 bit und ner Temp-Schwankung 
von 10 K darf die Temperaturdrift "nur" ca. 50 ppm/K maximal betragen. 
Na da kommt doch mal Freude auf wenn man sich das auf 32 bit oder mehr 
hochrechnet.

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