Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPV Schleifenverstärkung


von Michael (Gast)


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Hallo miteinander,

hab mal wieder ein paar Verständnisfragen:-)

Die Schleifenverstärkung ist das Produkt von Verstärkung und 
Rückkopplung.Richtig? Ist auch sehr wichtig für die Stabilität des OPVs?
Um diese zu ermitteln muss ich beide unabhängig voneinander 
betrachten(Aufschneiden) damit ich die "reine" Verstärkung bekomme ohne 
einfluss von äußeren Bauteile, welche normalerweise die Eigenschaften 
eines idealen OPVs bestimmen. Stimmt das soweit?

Was mir nicht ganz klar ist ist der Unterschied zwischen As und Asr. Im 
Skript find ich dazu leider nichts.

Gruß Michi

von M. K. (sylaina)


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Welches Script?

von Tilo Lutz (Gast)


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Jeder OP hat ein "Verstärkungs-Bandbreite-Produkt", GBW.
So bald der Wert überschritten wird, ist der OP nicht mehr stabil, da 
die Phasenreserve in der Rückkopplung nicht mehr ausreicht.

Aus diesem Grund kann man auch keine "reine Verstärkung" definieren, es 
hängt vom Eingangssignal ab.

von Michael (Gast)


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danke für die antwort:, in meinem skript:-)

bin grad am lernen und deshlab auch der post. mir ist die ermittlung der 
schleifenverstärkung nicht ganz klar. Genau so schauts mit der 
Ermittlung von Asr aus. Den zusammenhang der Schleifenverstärkung und 
dem GBW versteh ich auch nicht so ganz. Über die Schleifenversärkung 
kann ich doch das GBW verbessern oder?

Gruß Michi

von Tilo Lutz (Gast)


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Wie willst du da etwas verbessern?

Sagen wir du hast ein GBW=1MHz. Dein Signal hat Frequenzanteile bis 
1kHz. Somit darf sehr vereinfacht gesprochen die maximale Verstärkung 
bei 1Mhz/1kHz=1000 betragen.
So bald die Verstärkung höher wird ändert sich die Gegenkopplung zu 
einer Mitkopplung.

von Peter (Gast)


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jetzt geht mir ein licht auf:-). danke für gute antwort

schönen nachmittag

von Peter (Gast)


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über die Schleifenverstärkung kann ich doch ebenfalls den opv stabil 
machen ???oder?

von Simon H. (simi)


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Moment mal... GBP hat m.E. nichts mit Instabilität zu tun!

Es ist einfach so, dass ein reeller (sagen wir mal kompensierter) OpAmp 
DC mit einem sehr hohen Faktor verstärkt. Je höher die Frequenz des 
Eingangssignals, desto geringer wird die Verstärkung 
(Tiefpassverhalten). Und das geschieht mit -20dB/Dekade. Deshalb kann 
man das GBP als einzelne Zahl darstellen.

Wenn Du den OpAmp nun "an die Strippe" nimmst, klemmst Du die 
Verstärkung da ab, wo Du willst. Eben mit Rückkopplung. Solange das 
Produkt aus Deiner gewählten Verstärkung und der Frequenz kleiner ist 
das das GDP, ist die Verstärkung konstant. Sobald dieser Wert 
überschritten wird, nimmt die Verstärkung mit -20dB/Dekande ab.

Ich habe hier:
Beitrag "Verständnisfrage Verstärkungs-Bandbreiten-Produkt"

schon mal was dazu geschrieben.

Zu Deiner Frage: Trenne in Gedanken die Rückkopplung auf und überlege 
Dir, was mit einem Signal passiert, das Du vorne einspeist. Wenn es mit 
insgesamt 0° (oder 360°) mit Verstärkung >1 wieder zum Eingang 
zurückkommt, knallt's. Dann hast du eben Mitkopplung und bringst immer 
mehr Energie ins System. Wenn Dein System das zulässt, und irgendwann 
kommt ein Mückenfurz in dieser Frequenz ins System, schwingt es sich 
auf. -->Instabilität

Um diese Analyse zu machen, musst Du natürlich die Verstärkung komlex 
betrachten.

von Simon H. (simi)


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Nachtrag (präzisierung): Dich interessiert ein Signal, das eben mit 0° 
oder 360° Phasenverschiebung einmal im Kreis rumläuft. Dieses Signal ist 
ausschlaggebend. Wenn das mit mehr Energie wieder vorne rein kommt, als 
es ursprünglich kam, also Verstärkung >1, knallts.

Stichworte: Phase-Margin, Gain-Margin.

von Peter (Gast)


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danke für die super erklärung aber mir wird einfach nicht klar was die 
schleifenverstärkung macht.

ich weiß jetzt wie ich sie ermitteln kann. Die gleichung ist ja wie 
folgt A/1+As. As ist das Produkt vom A*K. K ist die Verstärkung des 
Rückkopplungszweig. Somit kann ich über K die komplette übertragung 
beeinflussen. Nehmen wir mal an ich haben GBW von 100 somit darf bei 
einer Frequenz von 20 HZ die Verstärkung nur 5 betragen(bitte kein 
Kommentar zu den Dimensionen:-)) Allerdings beträgt die Verstärkung aus 
welchem Grund auch immer z.b 30 somit ergibt sich 30*20 ein Produkt das 
größer als das  GBW ist. OPV ist instabil. Jetzt kommt die 
Schleifenverstärkung ins Spiel. ich setzte über die Rückkopplung also 
über das K die Verstärkung auf 5 zurück. z.b 30/1*x=5
Dann ist x gelich 5. Also mein Produkt aus A*K = 5 daraus folgt das K 
=5/30 ist. Dies muss ich jetzt noch über meinen Widerstand im 
Rückkopplungszweig realisieren. Stimmt meine Annahme??

Gruß Michi

von Simon H. (simi)


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Peter schrieb:
>Nehmen wir mal an ich haben GBW von 100 somit darf bei
> einer Frequenz von 20 HZ die Verstärkung nur 5 betragen

Diese Aussage stimmt so nicht. GBW von 100 heisst, dass der OpAmp selber 
bei 10Hz eine Verstärkung von 5 hat. Über Stabilität sagt diese Zahl gar 
nichts aus.

Also, erst mal: Was ist die Schleifenverstärkung:
Das ist die totale (komplexe!) Verstärkung eines Signals, welches quasi 
einmal im Kreis rumgeführt wird. Wie bestimmst Du die?
a) leg den Eingang der Verstärkerschaltung auf GND (kein Eingangssignal)
b) nimm eine Schere und trenne irgendwo den Feedbackpfad auf. Egal wo. 
Muss nicht mal der Feedback-Pfad sein, kann auch ein Schnitt vor, im 
oder hinter dem OpAmp sein. Einfach so, dass die Signalschlaufe 
OpAmp-->Feedback-->OpAmp(-->Feedback-->OpAmp-->Feedback......) 
aufgetrennt ist.
c) berechne die (komplexe!) Verstärkung des Pfades "einmal im Kreis 
herum".

Und nun: Warum ist das wichtig? Eben, aus Stabilitätsüberlegungen. Siehe 
oben.

Grundsätzlich kann man aber sagen, dass das ganze keinen Sinn macht, 
wenn man sagt: Die Verstärkung von hier nach da beträgt 12.5. Vielmehr 
müsste es heissen: 12.5+j*omega*1.35. Das ist jetzt irgendein aus der 
Luft gegriffenes Zahlenbeispiel, als Test für Dich: Wenn Dir dies etwas 
sagt, dann kannst Du Dich ganz einfach ins Thema einlesen mit Google 
nach Phase Margin oder Gain Margin. Wenn Du keine Ahnung hast, was das j 
bedeutet, dann musst Du etwas tiefer in die Materie reingehen. Das ist 
dann auch nicht in 20 Sätzen zu erklären.

Dann empfehle ich Dir, Dich erst mal mit komplexen Zahlen zu befassen, 
da gibt es auch haufenweise Literatur, gerade im Zusammenhang mit 
Elektronik. So bekommst Du das Rüstzeug, um das mit der 
Schleifenverstärkung und der Stabilität zu verstehen.

Gruäss
Simon

von Peter (Gast)


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herzlichen dank für die ausführliche antwort. komplexe zaheln kenne ich 
soweit und werd jetzt mal google benutzen. aber 100 dank für die mühe 
und lange antwort. gruß

von Peter (Gast)


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ach gott bin ich auf den kopf gefallen. ich muss wohl meine englisch 
kenntnisse aufbessern. du meinst pahsenrand und amplitudenrand. und eben 
die stabilitätskriterien im bodediagramm??

von Simon H. (simi)


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Vielleicht kurz zur Grundidee dahinter. Aber eben, mathematisch muss man 
das mit komplexen Zahlen lösen. Ist nicht sonderlich schwierig, muss man 
aber halt erst mal lernen.

Der OpAmp verstärkt Dir ein Signal. Allerdings tut er das nicht beliebig 
schnell. Ein schnelles Sinus-Signal wird also nicht einfach verstärkt 
hinten rausgegeben, sondern ein bisschen verzögert.
Der Feedback-Pfad verzögert dieses Signal vielleicht auch noch.

Wenn also ein Sinussignal vorne rein kommt, wird dieser verstärkt, 
verzögert, dann abgeschwächt und nochmals etwas verzögert (im 
Feedback-Pfad) und kommt wieder vorne rein. Nun ist es sehr wichtig zu 
wissen, was in diesem einmal-rundherum mit dem Signal passiert ist. Wenn 
es jetzt gerade so viel verzögert wurde, dass es wieder gleich dem 
ursprünglichen Signal ist, jedoch sogar ein bisschen grösser, dann 
kannst Du das Ursprungssignal abschalten. Das rückgekoppelte Signal wird 
jetzt nämlich wieder einmal im Kreis rumgehen und noch ein bisschen 
grösser am Eingang ankommen. Und so weiter. --> Instabilität.

Nun ist es so, dass es kompensierte und unkompensierte OpAmps gibt. Bei 
ersteren ist es so, dass es Frequenzen gibt, bei denen obiges passiert, 
wenn Du direkt rückkoppelst. Da musst Du aktiv was tun, um das 
Schlamassel zu verhindern.
Kommpensierte OpAmp sind hingegen recht "brav". Direkte Rückkopplung 
führt nicht zu Instabilität, weil bei der Frequenz, wo die Gegenkopplung 
faktisch eine Mitkopplung wird, das Signal so stark abgeschwächt wird, 
dass nichts mehr schlimmes passiert.
Dass das ganze Stabilitätszeug nichts mit dem GBP zu tun hat, ist 
insofern nicht ganz korrekt, als dass die Kompensation der "braven" 
OpAmps eben durch "brave" GBP erreicht wird. Also schnelle Signale, die 
180° verschoben werden, nicht mehr verstärken, sondern abschwächen.

Allerdings kannst Du mit (un)geeigneter Rückkopplung durchaus noch 
Instabilität erreichen.

Gruäss
Simon

von Simon H. (simi)


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Peter schrieb:
> du meinst pahsenrand und amplitudenrand.
Noch nie gehört, aber das wird's wohl sein. :-)

und eben
> die stabilitätskriterien im bodediagramm??

Jup.


Ups, gerade gesehen: "bei ersteren" sollte natürlich "bei letzteren" 
heissen

Sorry, gell, hab halt bei meinem literarischen Erguss zwei Posts von Dir 
verpasst. :-)

von Peter (Gast)


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perfekt jetzt wieder was gelernt. dankeschön

von Peter (Gast)


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noch eine sache ist die phase vom feedback 180°= gegenkopplung
ist die phase 0° oder 360° folgt mitkopplung

???

von Simon H. (simi)


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Jup. Das kannst Du Dir einfach so vorstlellen: 0°/360°: Wenn, was rein 
kommt, rauf geht, geht, was zurückkommt, auch rauf.
180°: Wenn, was rein kommt, rauf geht, geht, was zurückkommt, runter.

Jetzt ist es so, dass Du ja explizit Gegekopplung hast. Das impliziert 
schon mal 180°. Also ist der wichtige Punkt bezüglich 
Stabilitätskriterien bei den verbleibenden 180° die die vollen 360° 
ausmachen. Ist halt eine Frage der Sichtweise.

Wenn Du also GEGENkopplung impliziert, heisst das, dass Du bei 
(zusätzlichen) 180° im Pfad Mitkopplung hast.

Der Trick, um das nicht durcheinanderzubringen ist, sich wirklich die 
Schere vorzustellen. Der Schnitt ist an einem Punkt. Also wird das 
Signal wenn es einmal rundherum geht, durch die Gegenkopplung auf jeden 
Fall genau einmal um 180° gedreht.

von Kai K. (klaas)


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>Stimmt das soweit?

Stabilitätsanalysen macht man heute mit Simulatoren. Mit den üblichen 
Bodediagrammen kann man das Verhalten oft nur näherungsweise darstellen, 
was in spezielleren Schaltungen, beispielsweise solche mit großen 
kapazitiven Lasten am Ausgang, zum Lotteriespiel wird.

Hier ist ein konkretes Beispiel gezeigt:

Beitrag "Re: kapazitive Last kompensieren Ansatz?"

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