Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie schnell ist Elektrizität in einer Leitung?


von Igor99 (Gast)


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Ich habe da mal eine Frage aus Neugier. Wie schnell ist Elektrizität in 
einem üblichen Kabel?


Ein einzelner Elektron das sich in einem Kabel bewegt, benötigt eine 
gewisse Zeit, um von A nach B zu gelangen.

Aber der Fluss der Elektronen im gesamten Kabel beginnt augenblicklich. 
Ist das korrekt? Falls ja, beginnt dieser Fluss wirklich ohne jede 
messbare Verzögerung oder gibt es da sehr wohl minimale Zeitspannen?

Wer kann mal richtig aufklären? ^^

von Igor99 (Gast)


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Ok ich muss mich selber kurz korrigieren. Das "augenblickliche" fließen 
des Stroms wäre wohl durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt.

von Elolehrling (Gast)


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Hallo

Ein Elektron bewegt sich in einem Leiter soweit ich mich erinnere mit 
gut 0,5 cm / Sekunde, sprich, du könntest locker daneben herlaufen.

Wieso nun aber das Licht direkt angeht?
Stell dir einen Leiter vor, wie einen Gartenschlauch der gefüllt ist mit 
Wasser. Sobald du die Wasserleitung aufdrehst, befindet sich ja schon 
Wasser im ganzen Schlauch (vorrausgesetzt du leerst ihn nicht :P)

Das selbe ist auch so bei Strom. Ein Leiter ist ständig randvoll mit 
Elektronen, legst du eine Spannung an, schiessen die Elektronen welche 
bereits beim Verbraucher sind direkt in diesen hinein. Die Ausbreitung 
eines solchen Signales geschieht ungefähr mit 2/3 Lichtgeschwindigkeit.

Hoffe konnte helfen.

von Martin S. (sirnails)


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Igor99 schrieb:
> Ich habe da mal eine Frage aus Neugier. Wie schnell ist
> Elektrizität in
> einem üblichen Kabel?
>
> Ein einzelner Elektron das sich in einem Kabel bewegt, benötigt eine
> gewisse Zeit, um von A nach B zu gelangen.

Ja. Das ist gar nicht mal viel. Es sind wenige cm pro Sekunde.

> Aber der Fluss der Elektronen im gesamten Kabel beginnt augenblicklich.

Richtig, da die Wechselwirkung zwischen den Elektronen auch ohne 
Stromfluss besteht.

> Ist das korrekt? Falls ja, beginnt dieser Fluss wirklich ohne jede
> messbare Verzögerung oder gibt es da sehr wohl minimale Zeitspannen?

Was heißt verzögerungen? Stell Dir einen Schlauch vor, der vollständig 
mit Wasser gefüllt ist. Das Wasser sind dabei die freien Elektronen. 
Schiebst Du nun von einer Seite aus Wasser herein, will es ohne 
Umschweife auf der anderen Seite wieder heraus. Das Wasser selbst bewegt 
sich dabei mit einer sehr geringen Geschwindigkeit, der Vorgang 
hingegen, dass Wasser raus muss, solange welches hineinkommt, geschieht 
zeitlos*. Der elektrische Strom ist in dieser Analogie die 
Flussgeschwindigkeit des Wassers. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass 
eine Seite des Schlauches höher liegt, als die andere Seite, so gibt es 
durch das Gefälle einen Druck im Schlauch. Dieser Druck ist die 
elektrische Spannung.

*praktisch nicht zeitlos, da der Schlauch nachgibt, Wasser in begrenztem 
Maße kompremierbar ist...

von Martin S. (sirnails)


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Martin Schwaikert schrieb:
>> Ist das korrekt? Falls ja, beginnt dieser Fluss wirklich ohne jede
>> messbare Verzögerung oder gibt es da sehr wohl minimale Zeitspannen?

Ganz vergessen:

Real muss zuerst ein Elektron rein, bevor es auf der anderen Seite 
heraus kann. Der "Impuls" zwischen den Elektronen bewegt sich ebenfalls 
mit einer endlichen (Licht-)Geschwindigkeit, die die Konstante "c" 
trägt.

von michi42 (Gast)


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Was Du suchst ist der Verkürzungsfaktor
http://en.wikipedia.org/wiki/Velocity_factor

von Christian D. (burning_legend)


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Martin Schwaikert schrieb:
> Martin Schwaikert schrieb:
>>> Ist das korrekt? Falls ja, beginnt dieser Fluss wirklich ohne jede
>>> messbare Verzögerung oder gibt es da sehr wohl minimale Zeitspannen?
>
> Ganz vergessen:
>
> Real muss zuerst ein Elektron rein, bevor es auf der anderen Seite
> heraus kann. Der "Impuls" zwischen den Elektronen bewegt sich ebenfalls
> mit einer endlichen (Licht-)Geschwindigkeit, die die Konstante "c"
> trägt.

Ja. Elektronen haben eine Masse, das heisst, sie koennen sich nicht mit 
Lichtgeschwindigkeit bewegen (sonst waere die notwendige Energie 
->unendlich). Deswegen ist zumindest das "zugeben" und "entfernen" der 
Elektronen langsam. Der Impuls pflanzt sich dann mit nahezu 
Lichtgeschwindigkeit fort ( ist aber nicht "c" da fuer die 
Lichtgeschwindkeit in Materie c< gilt)

von Nicolas S. (Gast)


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Martin Schwaikert schrieb:
> geschieht
> zeitlos

Nö, mit der Schallgeschwindigkeit des Systems Wasser-Schlauch. Das ist 
schnell, aber nicht unendlich schnell.

von Martin S. (sirnails)


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Nicolas S. schrieb:
> Martin Schwaikert schrieb:
>> geschieht
>> zeitlos
>
> Nö, mit der Schallgeschwindigkeit des Systems Wasser-Schlauch. Das ist
> schnell, aber nicht unendlich schnell.

"*" wegrationalisiert ;-)

von Igor99 (Gast)


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Danke für die interessanten Antworten, habe nun eine genauere 
Vorstellung davon.

von Messknecht (Gast)


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Die Geschwindigkeit  eines Elektrons  ist so niedrig  in einem
Kupferkabel  weil die Elektonendichte so hoch ist.

In einem Halbleiter ist die (freie) Elektronendichte 10^6 kleiner, dort 
fliessen die Elektronen recht flott.
Bis zu 85000m/s  /Sättigungsdriftgeschwindigkeit)

von michi42 (Gast)


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Hm,

eigentlich eine sehr interessante Frage...

<klugscheissmodus>

der TO suchte vermutlich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der 
Wellenfront, hervorgerufen durch den Einheitssprung am Vierpoleingang.

Also ein elektrodynamisches Problem entlang der 
Leiter*schleifen*-*oberfläche*.

Der Leiter leitet ja erst mal nichts da er wegen seiner Leitfähigkeit ja 
im inneren praktisch Feldfrei ist... also muss mal wieder der 
maxwellsche Zaubertrick mit der Verschiebungsstromdichte herhalten.

Der Einheitssprung wird entlang der Leitung in der Phase verschmiert, 
zerläuft dann, und endet im stationären Zustand mit echter 
Elektronenleitung mit der bekannten Driftgeschwindigkeit.

Ich hoffe ich liege nicht ganz daneben ;-) Evtl. kann das mal ein 
Physiker richtig erklären.

von Peter S. (psavr)


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@michi42
>Ich hoffe ich liege nicht ganz daneben ;-)
Aber zimmlich! Du bringst da einiges durcheinder, dass nix mit dem Thema 
zu tun hat!

Von Wellenfronten spricht man bei der Ausbreitung von 
elektromagnetischen Wellen, also H- E-Felder im nichtleidendem Material 
(Dielektrikum, Luft, Vaccuum).

>Der Einheitssprung wird entlang der Leitung in der Phase verschmiert
Hierbei geht es um "Dispersion"

von Michael R. (michi42)


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@psavr
Nun, ich bin wie gesagt kein Physiker und für mich hat bisher der 
Verkürzungsfaktor gereicht. Aber ich würde schon gerne wissen wie das 
nun richtig funktioniert.

Zur Vereinfachung sollten wir uns auf igendeine Geometrie einigen. Z.B. 
eine Stegleitung oder eine koaxiale Leitung. Ob nun offen oder 
geschlossen sei mal dahingestellt. Damit hat das Ding auch einen 
definierten Wellenwiderstand und eine Dämpfung - kurz gesagt eine 
bekannte Übertragungsfunktion.

Nun wird die Leitung "eingeschaltet". Also z.B. eine Spannung von 1V in 
0-Zeit auf den Eingang aufgeprägt.
Das ist nicht sehr Geichstromähnlich oder? Nach der 
Fouriertransformation sehe ich da ein theoretisch unendliches Spektrum. 
Jeder Frequenzanteil läuft unterschiedlich schnell zum Ende der 
Leitungfalls da die Heaviside-Bedingung verletzt ist (für normale 
Leitungen ist sie das immer. Ob sie darunter leidet glaub ich jedoch 
eher nicht) Dazu hätte ich auch "Dispersion" sagen können, das klingt 
auch viel besser.
Um dem elenden Thema Gruppen/Phasen/Signallaufzeit zu entgehen hätte ich 
jetzt als Signalübertragungszeit oder Wellenfront die erste von 0 
verschiedene Reaktion am Ausgang bezeichnet. Ich dachte, das wäre eine 
brauchbare Definition.
Damit wir uns nicht auch noch mit Reflexionen plagen müssen, hätte ich 
mal angenommen die Leitung sei impedanzrichtig abgeschlossen.
Also alles weit weg vom stationären Fall.

Soweit zu unserem Spielfeld, jetzt die Frage:

Wie kommt denn nun das erste bischen Leistung an unserem 
Abschlusswiderstand an? (Die Leitung nimmt ganz klarer Weise sofort 
Leistung auf - egal was hinten dranhängt. Solange die Welle noch nicht 
wieder zurück ist "weiss" der Eingang nichts davon)
Der Leiter wird wohl nicht durchströmt. Er leitet ja und ist daher 
zwangsweise (praktisch) feldfrei. Also muss der Einschaltvorgang ja doch 
irgendein E&H Feld Transport sein oder?

Im eingeschwungen Zustand strömt's dann so vor sich hin.

Wie gesagt, wäre nett wenn es mal jemand richtig erklären kann.

von Positron (Gast)


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Michael R. schrieb:
> Damit wir uns nicht auch noch mit Reflexionen plagen müssen, hätte ich
> mal angenommen die Leitung sei impedanzrichtig abgeschlossen.

Den Satz könntest du teuer an ne HiFi-"Fach"-Zeitschrift verkaufen, 
damit die für den nächsten 1000€/m Kabeltest mal was neues schreiben 
können;-)

Im Heiend Bereich machen die Elektronen nämlich noch viel verrücktere 
Sachen. Da gibt es richtungsgebundene Wechselstromkabel und 
dergleichen..

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Peter S. schrieb:
> @michi42
>>Ich hoffe ich liege nicht ganz daneben ;-)
> Aber zimmlich! Du bringst da einiges durcheinder, dass nix mit dem Thema
> zu tun hat!
>
> Von Wellenfronten spricht man bei der Ausbreitung von
> elektromagnetischen Wellen, also H- E-Felder im nichtleidendem Material
Das halte ich für ein großes Gerücht. Von Wellenfronten spricht man bei 
Wellen jeglicher Art, zum Beispiel ist die Geschwindigkeit der 
Wellenfront von Druckwellen in Luft (AKA Schall) 343m/s.

Im übrigen geschieht auch bei Kabeln der Energietransport über E/H 
Felder um den Leiter herum. Von daher ist es hier völlig richtig von 
Wellenfronten und deren Geschwindigkeiten zu sprechen.

von Lothar S. (loeti)


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Die Wellengeschwindigkeit in einen elektrischen Leiter ist gleich der 
Lichtgeschwindigkeit in diesen Leiter. Das ist von Leiter zu Leiter 
leicht unterschiedlich aber eine EM-Welle in einen Kabel kommt in einer 
Sekunde so ca. 7,5 mal um die Erde.

Die statistische Elektronengeschwindigkeit in einen Leiter ist 
abhängig von der Elektronendichte im Material und reicht von der 
Schrittgeschwindigkeit bis so etwa zu Schallgeschwindigkeit, variiert 
also sehr stark.

Grüße Löti

von Ottmar K. (wil1)


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Hallo,

schon vor längerer Zeit hatte ich mich mit dieser Übrlegung beschäftigt 
und bin dabei - auf der Suche nach der Lösung - beim 
Landesbildungsserver Baden-Württemberg fündig geworden.
[http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/physik/online_material/e_lehre_2/teilchenfeld/geschwelektronen.htm]
Dieser Link beantwortet die Frage des TO umfassend, ausführlich und 
verständlich.

mfg Ottmar

von MaWin (Gast)


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> Dieser Link beantwortet die Frage des TO umfassend, ausführlich und
> verständlich.

Na ja, jede dieser oberflächlichen Erklärungen sagt nicht,
welcher Strom im ersten Moment in eine Leitung fliesst,
wenn die Spannungsquelle doch erst mit Verzögerung durch
die Lichtgeschwindigkeit erfahren kann, welche Last (welcher
Widerstand, im einfachsten Fall) am Ende der Leitung hängt,
welcher Strom also für I=U/R notwendig sein kann.

http://www.dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.19

von michi42 (Gast)


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@MaWin
ja, ist schon klar das die Impedanz der Quelle und die der Leitung im 
Einschaltmoment die Spannung und die Stromaufnahme der Leitung bestimmen 
(egal was hinten hängt), aber über den Energietransportmechanismus sagt 
das auch nichts genaues.
Ich hätte gerne mehr gewusst über die Ausbreitung der EM-Wellenfront am 
Leiter entlang. (nicht IM Leiter, der dürfte praktisch E-Feld frei sein)
Insofern halte ich das Schlauch-Modell also Ausbreitung a'la 
"elastischen Stoß der freien Ladungsträger" für falsch. Die Reihung der 
diskreten Bauteile beschreibt es schon besser, aber auch durch die 
fließt ja ein "echter" Strom.

btw. Das mit dem Verschiebungsströmen fand ich schon immer etwas "fishy" 
aber ohne die gehen die Maxwellgleichungen wohl nicht auf. Wenn die 
falsch sein sollten, sind sie zumindest so gut "falsch" dass es bisher 
nur den Skalarwellenforschern aufgefallen ist ;-)

Wie gesagt, das ist was für Physiker.

von Erich (Gast)


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@Ottmar K.
Es geht dem Fragesteller wohl weniger um die Driftgeschwindigkeit der 
Elektronen im Draht, sondern um die Geschwindigkeit der 
Signalausbreitung.

Da diese üblicherweise mit TDR Meßgeräten ermittelt resp. benötigt wird, 
sollte man dort nachlesen 
http://en.wikipedia.org/wiki/Time-domain_reflectometer
Zitat von unterhalb "Example traces": " The propagation velocity of this 
cable is approximately 66% of the speed of light in a vacuum."  Also 2/3 
der Lichtgeschwindigkeit c.
In der ganz realen Praxis sind diese Werte vom Typ (der Qualität) des 
verwendeten Kabels abhängig und liegen zwischen 0,5 und 0,8 *c.
Freileitungen liegen fast bei c.

Siehe auch 
http://www.inw.hs-merseburg.de/~viuser/Links/Anleitung%202.pdf Seite 
18ff.
Sowie Beitrag "Signalgeschwindigkeit in einem Leiter messen (2,45GHz)"

Gruss

von siggi (Gast)


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michi42 schrieb:
> Der Leiter leitet ja erst mal nichts da er wegen seiner Leitfähigkeit ja
> im inneren praktisch Feldfrei ist

Nicht wirlich. Das Feld erstreckt sich über die gesamte >Länge< des 
Leiters.

von siggi (Gast)


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Wie bei einer Stabantenne.

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