Hallo miteinander, ich arbeite gerade in der Uni an einem Prototypen eines Umrichters mit, der massive EMI verursacht. Das Ding ist folgendermaßen aufgebaut: Auf einem Kühlkörper sitzen sechs IGBTS vom Typ FF300R07KE4. Direkt darüber sind zwei Kupferplatten in einem Abstand von ca 2mm, die über Kupferhülsen mit den IGBTS verbunden sind. Darauf wiederum sind kopfüber sechs Elkos mit den beiden Platten verbunden. Angesteuert werde die IGBTS von jeweils einem 6W-Gatetreiber von concept, die mit recht kurzen Kabeln mit den IGBTS verbunden sind. Nun zum Problem: Der Aufbau verursacht eine sehr große EMI im Umfeld. In die Ansteuerlogik, die etwa 50cm weiter oben sitzt, werden Spannungen von bis zu 2Vpp induziert. Wenn ich mit dem Tastkopf eine Leiterschleife bilde und die in die Nähe der IGBTS halte, kann ich die Störungen beim Umschalten auch sehr gut messen. Das witzige ist, dass die Störungen nicht von der Last am Mittelabgriff der IGBTs abhängig ist und diese erst ab einer Zwischekreisspannung von ca 20V auftreten und von der Spannung beinahe unabhängig sind. Scheinbar wird die EMI von den IGBTs selbst erzeugt. Bisherige Problemlösungsversuche: Eine Vergrößerung der Gate-Vorwidersände hat fast nichts gebracht. Das Anbringen von Ferriten an den differentiellen Zuleitungen zu den Gatetreiber hat die Störungen in der Elektronik darüber etwas reduziert. Hat jemand eine Idee, wie man die Störabstrahlung reduzieren oder abschirmen kann? Vielen Dank.
Martin B. aus E. schrieb: > Schaltflanken mit RC-Gliedern oder LC-Kreisen verlangsamen Wie meinst du das genau? Wie könnte eine solche Schaltung aussehen? Was ich noch vergessen hatte zu erwähnen: Das Problem tritt auch auf wenn gar keine Last am Mittelabgriff hängt, der IGBT also nur "leer" die Spannung am Mittelabgriff hin und her schaltet. Die dead time habe ich auch schon auf eine Ewigkeit erhöht.
Jannis N. schrieb: > Angesteuert werde die > IGBTS von jeweils einem 6W-Gatetreiber von concept, die mit recht kurzen > Kabeln mit den IGBTS verbunden sind. recht kurz, ach so. > die Ansteuerlogik, die etwa 50cm weiter oben sitzt, so 'kurz' ? Also ein sehr weitläufiger Aufbau eines 300A IGBT Umformers mit unklarem Erdungs- und Schirmungskonzept. Glückwunsch ! Bereits bei der vergleichsweise 'leistungslosen' Ansteuerung der IGBTs 2Vpp sollte Dir deutlich machen was Dich erwartet wenn Du mit dem Aufbau mal 100 A Schalten willst. Kein Scherz: Gehörschutz tragen. Wenn Bauteile dieser Größenordnung wegplatzen ist das ziemlich laut. Eine fix und fertig Lösung kann ich Dir nicht anbieten. Man muss sich eine andere Denkweise angewöhnen um die Probleme sehen zu können. Wenn jedes Kabel, jeder Widerstand und jede Metallfläche R, L und C Anteile hat kannst Du Dir besser vorstellen was passiert wenn über viele cm Kabel ein hoher Stromimpuls in das Gate geschickt wird, der IGBT durchsteuert und an seiner Kühlflächen-Kapazität eine schnelle Spannungsänderung verursacht. Das ganze 6 (?) mal und alles steht über die starken Wechselfelder in Verbindung. Das kann man nicht beherrschen, das kann man nur vermeiden so gut es geht indem man den Aufbau clever wählt. Extrem kurze Verbindungen überall da wo es schnell und knackig zur Sache geht, z.B. der Gate Ansteuerung. Differentiell wo es geht und klare EMI - Grenze schaffen. Z.B. Signalerzeugung vollständig geschirmt und alle Zuleitungen gefiltert. Vollständige galvanische Trennung von Steuer- und Leistungsteil ist auch sehr schön. Am besten mal ein paar Abhandlungen zu EMI gerechten Leiterplattenlayout lesen. Da wird gut beschrieben was bereits im kleinen Maßstab zu EMI Abstrahlung führt und wie das vermieden werden kann. Das ist im wesentlichen das gleiche.
1.Ein kleines Foto vom Aufbau wäre sicher interessant. 2.Inbetriebnahme möglichst hinter dicker Plexiglasscheibe. Es herumfliegende Teile eitern schlecht aus dem Auge!
Jannis N. schrieb: > Direkt darüber > sind zwei Kupferplatten in einem Abstand von ca 2mm, die über > Kupferhülsen mit den IGBTS verbunden sind. Der Abstand wird dir weh tun. Die Induktivität wird schon hoch sein. Jannis N. schrieb: > Darauf wiederum sind kopfüber > sechs Elkos mit den beiden Platten verbunden. Keine Snubber vorhanden? Jannis N. schrieb: > Nun zum Problem: Der Aufbau verursacht eine sehr große EMI im Umfeld. In > die Ansteuerlogik, die etwa 50cm weiter oben sitzt, werden Spannungen > von bis zu 2Vpp induziert. So ein Umrichter ist halt kein Spielzeug. Da geht es schon heiß her. Durchaus möglich, dass das völlig normal ist. Jannis N. schrieb: > Angesteuert werde die > IGBTS von jeweils einem 6W-Gatetreiber von concept, die mit recht kurzen > Kabeln mit den IGBTS verbunden sind. Was bedeutet recht kurz? Alles unter 10cm sollte ok sein, darüber eher nicht. Die Kabel gehören selbstverständlich verdrillt. Jannis N. schrieb: > as witzige ist, dass die Störungen > nicht von der Last am Mittelabgriff der IGBTs abhängig ist und diese > erst ab einer Zwischekreisspannung von ca 20V auftreten und von der > Spannung beinahe unabhängig sind. Scheinbar wird die EMI von den IGBTs > selbst erzeugt. Und du hast Uce noch nicht mit einem Oszi gemessen? Bevor man überhaupt irgendetwas an einem Umrichter tut, misst man das Schaltverhalten. Erst ohne Spannung (nur Gatespannung), dann mit Spannung im Leerlauf (Uce mit aufnehmen) und dann mit Induktiver Last (Doppelpulsversuch!). Dort sollte man sehen, wenn irgendetwas nach Störung aussieht. Eigentlich sollte man an einer richtigen Uni diese systematische Vorgehensweise lernen. Einschalten und schauen ob es funktioniert ist eigentlich eher Berufsschulstil. Jannis N. schrieb: > Eine Vergrößerung der Gate-Vorwidersände hat fast nichts gebracht. Richtig, moderne IGBT lassen sich nur noch sehr, sehr schlecht über den Gatewiderstand steuern.
Gibt es da Freilaufdioden um die EMK zu kompensieren? Kommt mir von der Beschreibung her vor, als wenn da beim Schalten mächtige Überschwinger im HF-Bereich zu diesen EMI-Effekten führt. Schaltplan wäre hier natürlich hilfreich.
Vllt. auch mal ein paar Fakten: * PWM Frequenz? * Totzeiten eingehalten? Wie groß sind sie? * geschalteter Strom bei welcher Spannung? * Und wie sitzen die Kondensatoren? Es ist oft sinnvoll, zwischen jede Halbbrücke Kondensatoren zu setzen. Wenn keine Last angeschlossen ist und du trotzdem mit EMI kämpfst, miss also als erstes, ob du nicht schon Shoot-Throughs hast (Shunt und Oszi). Bei unseren 100A/48V Brücken hat es sich bewährt, die Treiber direkt an die IGBT/MOSFet zu setzen, höchstens 2-3cm, davon die Hälfte der Gatewiderstand. Bei unserer PWM Frequenz von etwa 20kHz stört dann nur sehr wenig.
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Sorry, ich hab da was durcheinander gebracht. Die gemessenen 2Vpp waren nicht die direkte EMI, die betrug nur einige 100mVpp. @Michael Knoelke: Die Leitungen zum Gate betragen etwas über 5cm. Die Gatetreiber werden differentiell von der Steuerlogik angesteuert. @X-Way: Ich bin schon systematisch vorgegangen: Schalten ohne Uce -> Keine EMI Schalten mit Uce ohne Last -> EMI beinahe unabhängig von Uce Schalten mit Last -> Keine Veränderung Snubber direkt am IGBT zwischen C oben und E unten -> keine Veränderung @ Matthias Sch.: An Shoot-Throughs habe ich auch schon gedacht. Deshalb habe ich die Totzeit auf einige us verzehnfacht. Geschaltet wird mit maximal 20kHz, darüber sind die Treiber am Limit. @ Logger: Ja, am Mittelabgriff kann ich ein Einschwingen im einstelligen MHz-Bereich messen, obwohl einfach nichts am Abgriff hängt. Die EMI ist im selben Frequenzbereich. Das muss also von parasitären Bauelementen kommen.
Jannis N. schrieb: > Schalten ohne Uce -> Keine EMI > Schalten mit Uce ohne Last -> EMI beinahe unabhängig von Uce > Schalten mit Last -> Keine Veränderung > Snubber direkt am IGBT zwischen C oben und E unten -> keine Veränderung Es geht nicht um EMI, sondern überhaupt das Gerät mal richtig in Betrieb zu nehmen. Also wirklich messen, so wie ich es beschrieben habe! Mit deiner Wünschelrutenmethode wird das nichts.
Und schnapp Dir mal einen Prof, der Dir eine Einführung in das Thema EMV geben kann. Gleich mit Messen anzufangen halte ich nicht für den sinnvollen Weg. Wo ich gerade das hier lese: "Es geht nicht um EMI, sondern überhaupt das Gerät mal richtig in Betrieb zu nehmen." Geht es dem TS jetzt darum, die EMV in den Griff zu bekommen oder funktioniert sein Gerät schon deswegen nicht, weil die Störungen den normalen Betrieb des eigenen Gerätes stören? Ob ich dann aber schon von EMV sprechen würde? Eher nicht.
Jannis N. schrieb: > @ Matthias Sch.: > An Shoot-Throughs habe ich auch schon gedacht. Deshalb habe ich die > Totzeit auf einige us verzehnfacht. Geschaltet wird mit maximal 20kHz, > darüber sind die Treiber am Limit. An eurer Stelle würde ich mich da mal gründlich reinmessen, d.h. Stromaufnahme, Gatesignale und Halbbrückenausgänge sauber zu oszillografieren, um das dynamische Verhalten eurer Brücken mal unter die Lupe zu nehmen. Das da grundsätzlich was nicht stimmt, wissen wir ja schon, ohne Last sollte die ganze Schaltung gerade so viel aufnehmen, wie die Ansteuerelektronik braucht. Es sollte also gar keinen Unterschied machen, ob Uce anliegt oder nicht, und schon gar nicht für EMI. Was sind das für Treiber, die schon bei 20kHz am Limit sind? Solche lahmen Dinger sind eigentlich nicht üblich.
fsvd4gq3 schrieb: > Geht es dem TS jetzt darum, die EMV in den Griff zu bekommen oder > funktioniert sein Gerät schon deswegen nicht, weil die Störungen den > normalen Betrieb des eigenen Gerätes stören? > Ob ich dann aber schon von EMV sprechen würde? Eher nicht. Das Gerät mag vielleicht oberflächlich funktionieren, solange man sich aber die erwähnten Signale nicht angeschaut und für gut befunden hat, kann man eigentlich nicht wirklich von Funktion reden. Das Gerät macht dann nur irgendetwas zufällig, was nur funktionsfähig aussieht. Matthias Sch. schrieb: > Es sollte also gar keinen Unterschied machen, ob Uce anliegt oder nicht, > und schon gar nicht für EMI. Das stimmt nicht. Eine IGBT-Brücke wird immer mehr Emissionen verursachen, wenn die Betriebsspannung angelegt wird, allein wegen den hochfrequenten Ableitströmen durch die parasitären Kapazitäten. Wahrscheinlich ist es aber hier so, dass die Endstufe wild schwingt, und das sieht man nicht unbedingt an den Gatesignalen.
Mal eine Frage an den Raum geworfen: Bei so einer Halbbrücke, die im Labor mittels einer großen DC Spannungsquelle aufgebaut wird. Was genau bewirkt eine Masseanbindung - und vor allem wo soll diese geschehen? Meine Verständnisprobleme dabei: - Die DC Spannungsquelle hat irgendwo am Eingang eine Verbindung (mit PE), gibt am Ausgang aber DC+ und DC- aus, wobei DC- galvanisch getrennt ist vom Eingang - Ergo ist die Halbbrücke, die an DC+ und DC- hängt, ebenfalls galvanisch getrennt, wenn eine galvanisch isolierte Treiberstufe für die IGBT Schalter vorausgesetzt wird Soweit die idealen Bedingungen --> Eine Masseanbindung hat m.E. also wenig Sinn. Nun zu den realen Bedingungen: Es gibt parasitäre Kapazitäten zwischen diversen Potentialen. Ergo kann man auch mit parasitären Kapazitäten nach Erde (PE) rechnen. Aufgrund des hohen dv/dt der IGBTs muss man Ableitströme nach PE befürchten. Sind wir soweit auf einem gemeinsamen Nenner? Nun stelle ich mir jedoch die Frage, was man mit PE verbinden soll(te), um diese Ableitströme zu minimieren. Ich finde das Thema sehr interessant, fand bisher jedoch wenig Infos über diese Problematik. Über eure Erfahrungen damit würde ich mich sehr freuen. Im Anhang habe ich mal eine typische Halbbrücke angehängt - Quelle ist Wikimedia Hier der Link zum Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:3-Fach-Halbbr%C3%BCcke_mit_FET.svg Danke und Gruß, al3ko
al3ko -.- schrieb: > Was genau bewirkt eine Masseanbindung - und vor allem wo soll diese > geschehen? Das wichtigste ist, dem hochfrequenten Strom einen Rückweg zu ermöglichen. Man kann das ganze im Prinzip auch isoliert aufbauen, ein PE wäre aus funktionaler Sicht nicht zwingend nötig. al3ko -.- schrieb: > Es gibt parasitäre Kapazitäten zwischen diversen Potentialen. Ergo kann > man auch mit parasitären Kapazitäten nach Erde (PE) rechnen. Aufgrund > des hohen dv/dt der IGBTs muss man Ableitströme nach PE befürchten. Bingo. al3ko -.- schrieb: > Nun stelle ich mir jedoch die Frage, was man mit PE verbinden soll(te), > um diese Ableitströme zu minimieren. Das kommt auf die Anwendung an. Man kann mit zusätzlichen C von Masse zum DC-Kreis den Strom gezielt zurückführen, ansonsten sucht er sich den Weg irgendwo über das Netzteil - und verursacht Störungen. al3ko -.- schrieb: > Ich finde das Thema sehr interessant, fand bisher jedoch wenig Infos > über diese Problematik. Über eure Erfahrungen damit würde ich mich sehr > freuen. Dann musst du schon mehr über deine Anwendung erzählen. Bei einem Solarwechselrichter sind die Anforderungen ganz anders als z.B. bei einem Frequenzumrichter mit langen, geschirmten Motorkabeln.
X-Way schrieb: > Dann musst du schon mehr über deine Anwendung erzählen. Bei einem > Solarwechselrichter sind die Anforderungen ganz anders als z.B. bei > einem Frequenzumrichter mit langen, geschirmten Motorkabeln. Ich habe dafür mal einen neuen Thread eröffnet, damit wir hier beim Thema bleiben können. Beitrag "Ableitströme und PE Anbindungen bei einem Wechselrichter" @Jannis: Es wäre interessant, ein paar Bilder von sowohl dem Testaufbau als auch von den Messungen zu bekommen. Das würde einiges vereinfachen. Auch ist interessant, wie und wo du gemessen hast.
X-Way schrieb: > Das stimmt nicht. Eine IGBT-Brücke wird immer mehr Emissionen > verursachen, wenn die Betriebsspannung angelegt wird, allein wegen den > hochfrequenten Ableitströmen durch die parasitären Kapazitäten. Da sollte genau gerade nicht sein. Wenn da schon bei 20kHz die parasitären Kapazitäten (welche eigentlich?) Ableitströme verursachen, stimmt da etwas nicht. > Wahrscheinlich ist es aber hier so, dass die Endstufe wild schwingt, und > das sieht man nicht unbedingt an den Gatesignalen. Schwingen sollte sich ohne Last schon gar nicht einstellen. Dewegen ja meine Frage nach belastbaren, hochschul-typischen Messungen. Natürlich sind Rückwirkungen des Lastkreises aufs Gate denkbar, deuten aber auf zu schwache Treiber oder ungünstige Leitungsführung hin. Ohne Schaltung, Fotos oder genauerere Angaben des TE schwimmen wir aber weiterhin im luftleeren Raum.
Matthias Sch. schrieb: > Da sollte genau gerade nicht sein. Wenn da schon bei 20kHz die > parasitären Kapazitäten (welche eigentlich?) Ableitströme verursachen, > stimmt da etwas nicht. Es wird immer Ableitströme geben, je nach Aufbau können die eben mehr oder weniger sein. Parasitäre Kapazitäten gibt es immer, allein zwischen Chip und Bodenplatte des Moduls hat man eine Kapazität. Und wenn man dann einen Motor mit geschirmten Kabeln anschließt, wird es richtig übel. Matthias Sch. schrieb: > Schwingen sollte sich ohne Last schon gar nicht einstellen. Dewegen ja > meine Frage nach belastbaren, hochschul-typischen Messungen. Ja eben, das sage ich ja auch. Ich habe aber auch schon IGBT gesehen, die gerade bei geringen Spannungen (weit von ihrer Nennspannung entfernt) schwingen. Und Schuld war der Chip, nicht der Aufbau.
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