Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik (2) Frequenzumrichter und third harmonic injection.


von laedi (Gast)


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.. und der Drehstrom.


Hallo Forumsleser,

im Beitrag  Frequenzumrichter und third harmonic injection 
(Beitrag "Frequenzumrichter und third harmonic injection (THI)" ich mein Problem 
geschildert, eine Third Harmonic Injection (THI) bei einem 
Frequenzumrichter mit 3Phasen Vollbrücke einzuführen.

Zur Info: Im Abschnitt "Optimierung durch Überlagerung von 
Oberschwingungen" bei Wikipedia 
https://de.wikipedia.org/wiki/Frequenzumrichter ist THI erläutert.


Nachdem ich einige Fehlerquellen in meiner Programmierung ausgeschlossen 
habe, bin ich nun auf ein grundsätzliches Problem gestoßen. Meiner 
Meinung nach ist es nämlich nicht möglich, THI bei einer 
3Phasen-Vollbrücke anzuwenden.

Warum?
THI funktioniert nur, wenn man die drei Strangspannungen mit je 120 Grad 
Versatz zwischen je einer Phase und dem Sternpunkt hat. Die 
Strangspannung ist hierbei die Spannung zwischen einer Phase und dem 
Sternpunkt. Üblicherweise sind dies in Europa die bekannten 230V.

Die Addition dieser Spannung ergibt dann eine sinusförmige 
Leiterspannung von 400V. Ob die Strangspannung sinusförmig oder mit 
einer dritten Harmischen überlagert ist, ist egal. Als Leiterspannung 
(zwischen zwei Phasen) kommt in beiden Fällen eine Sinusförmige Spannung 
heraus. Nur ist bei der Strangspannung mit überlagerter 3. Harmonischer 
die Leiterspannung höher, was ja der Vorteil der Überlagerung ist.

Soweit so gut.


Wenn ich eine einfache 3Phasen Vollbrücke hernehme, wie hier 
(http://www.mikrocontroller.net/articles/Datei:FU_Wechselrichter.PNG), 
dann habe ich zwischen zwei Brückenpunkten (der Brückenpunkt liegt 
zwischen den HighSide- und dem LowSideTransistor) immer die 
Leiterspannung (400V) anliegen, niemals jedoch die Strangspannung 
(230V).


Deshalb sage ich, THI ist nicht möglich mit einer einfachen 3-Phasen 
Vollbrücke, wie oben angegeben.

Aber:
Es gibt einige Dokumentation, wie 
(www.microsemi.com/document-portal/doc_download/133495-space-vector-puls 
e-width-modulation-mss-software-implementation-user-guide)
das steht so einfach:

"The SVPWM implementation can be configured to use one of the following 
techniques:
1.  MIN-MAX method
2.  Direct injection of third harmonic"


SVPWM (Space Vector PWM== Raumzeigermodulation)


Wo ist mein Denkfehler? Welche Art der Vollbrücke gibt es noch, um THI 
zu nutzen?

Danke fürs Feedback.

angry Laedi

von temp (Gast)


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laedi schrieb:
> dann habe ich zwischen zwei Brückenpunkten (der Brückenpunkt liegt
> zwischen den HighSide- und dem LowSideTransistor) immer die
> Leiterspannung (400V) anliegen, niemals jedoch die Strangspannung
> (230V).

Versuch mal zu erklären was du sagen willst. Ich kann dir an dieser 
Stelle nicht mehr folgen. Die Spannung an deinen "Brückenpunkten" wird 
zwischen 0 und der Zwischenkreisspannung hin und her geschaltet. Im 
Ruhezustand (0V Ausgangsspannung) haben alle 3 Brücken ein 
Tastverhältnis von 50% und erzeugen somit eine Gleichspannung gegen GND 
von der halben Zwischenkreisspannung. Der Motor sieht dann 0V. Mit 
zunehmender Aufsteuerung der PWM wird deine gewählte Kurvenform zwischen 
0V und der Zwischenkreisspannung abgebildet. Die resultierende Spannung 
Phase gegen Phase kann als Spitzenwert nur die Zwischenkreisspannung 
erreichen. Dazu müssen die Kurvenformen aber so angepasst werden, dass 
der Zustand auftritt, dass eine Halbbrücke 324V ausgibt und die andere 
0V. Das würde mit 3mal Sinus aber nicht gehen. Die anderen gezeigten 
Varianten lassen das aber zu.

Wenn du mal den Spannungsabfall in den Dioden und IGBTs aussen vor 
lässt, wird aus gleichgerichteter Netzspannung eine 
Zwischenkreisspannung von 324V und daraus ein Drehfeld mit 
Phasenspitzenspannungen von max. 324V. Das ergibt dann wieder 230V eff. 
Was ist daran nicht zu verstehen? Einen normalen Motor (400/230V) kannst 
du da aber nur im Dreieck anschließen.

Wenn du den Motor im Stern anschließen willst oder einen 690/400 im 
Dreieck brauchst du natürlich eine höhere Zwischenkreisspannung.

von A-Freak (Gast)


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Du begehst einen Denkfehler indem du einen Sternpunkt annimmst den es 
bei den 3 Halbbrücken gar nicht gibt.

Die 3 Halbbrücken erzeugen ausschließlich 3 Außenleiter zwischen denen 
sinusförmige 400V liegen.

Wenn du einen Neutralleiter brauchst gegen den du 230V entnehmen kannst 
dann mußt du eine vierte Halbbrücke dazu nehmen und diese mit der 3. 
harmonischen alleine Speisen.

von laedi (Gast)


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Hallo temp,

schön dass Du mir antwortest.

Zur 3Phasen Vollbrücke mit 325V Zwischenkreisspannung

Ich nehme mir den ersten Brückenzweig und moduliere einen Tastgrad von 
0% bis 100%. Weiterhin setze ich beim zweiten Brückenzweig einen 
Tastgrad von 0%. Die Spannung zwischen beiden Brückenzweigen beträgt 
zwischen 0V (bei 0% Tastgrad) und 325V (bei 100% Tastgrad). Ich kann 
also, wenn ich nur zwei Brückenzweige betrachte, eine Spannung zwischen 
0..325V abbilden.

Das hast Du nach meinem Verständnis geschrieben. Und das verstehe ich 
auch.

Wenn ich jetzt alle drei Brückenzweige von Tastgrad=0% bis =100% 
zeitlich veränderlich sinusförmig moduliere mit
Tastgrad1=k*sin(omega*t),
Tastgrad2=k*sin((omega+120)*t) und
Tastgrad3=k*sin((omega+249)*t)

dann kann ich schon am Kurvenverlauf der drei obigen Funktionen 
erkennen, dass niemals bei einer Funktion ein Tastgrad von 100% 
herauskommt und gleichzeitig bei der anderen ein Tastgrad von 0%.

Beispiel für omega*t=0 :
wenn man bei omega=0 ein Tastgrad von 50% zugrunde legt,
dann ist der Tastgrad bei sin((omega+120Grad)*t 93,3%
und der Tastgrad bei sin((omega+240Grad)*t 6,7%

Egal welchen Winkel man nimmt, nie liegt die volle Zwischnkreisspannung 
zwischen den Brückenzweigen, es fehlen immer 2*6,7%=13,4%.

Wenn man jetzt - wie Du auch - die Spannungsabfälle über IGBT oder 
MOSFET und Dioden venachlässigst, bekommst Du nie wieder die volle 
Zwischenkreisspannung am Frequenzumrichter hin, sondern nur noch 
325V*0,866=281V. Entsprechend geringer ist dann auch die effektive 
Wechselspannung zwischen den Leitern U, V, W. und die Leistung, mit der 
man einen Motor mit den Normspannungen 230/400 betreiben kann.

Soweit ich verstanden habe, nennt sich diese Modulationsart SinusPWM.
Mit der gleichen Brückentopologie kann man eine andere Modulationsart, 
nämlich SpaceVectorPWM (=Raumzeigermodulation) implementieren. Hier 
werden die Schalterstellungen der 3 Schalterpaare der Vollbrücke nicht 
unabhänig voeinander betrachtet, sondern miteinander in Beziehung 
gesetzt. Auf eine Art, die ich noch nicht verstanden habe, überwindet 
man den Mangel von 13,4% der Spannung und erhält eine Leiterspannung 
Uuv, Uvw, Uuw mit einem Maximum in Höhe der Zwischenkreisspannung.

Weiterhin gibt es die Modulationsart THIPWM (Third Harmonic Injection), 
bei der man zunächst Sinusförmige Spannungen generiert und ihnen eine 3. 
Harmonische überlagert. Die Addition solcher Spannung ergibt dann wieder 
einen Sinus, aber mit höhere Spannung als die Zwischenkreisspannung. Das 
funktioniert allerdings nur dann, wenn es sich um Strangspannungen 
handelt, d.h. um Spannungen zwischen einem Leiter U,V,W und dem 
Sternmittelpunkt. Eine Vollbrücke stellt jedoch keinen Sternmittelpunkt 
zur Verfügung,

so dass meine These ist:

3-Phasen Vollbrücke und THIPWM geht nicht.

Irgendwie steh ich auf dem Schlauch. Leadi


Hintergrund der ganzen Überlegung ist, dass ich einen FU mit 
Raumzeigermodulation und 325V Zwischenkreisspannung gebaut habe. Der im 
Dreieck angeschlossene Motor bringt aber nicht die volle Power , sondern 
nur ca. 80%. Da dachte ich, mit THIPWM könnte ich noch etwas 
herausholen. Einfach mal die Tabelle mit den Winkelfunktionen in der 
Programmierung ausgetauscht gege eine mit sinus+ Dritter Harmonischer, 
aber Pustekuchen. Noch weniger Power.

Meine einzige Vermutung ist, dass THI nur funktioniert, wenn der Motor 
im Stern geschaltet ist. L.

von Alexander (Gast)


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Hi,
laedi schrieb:
> Tastgrad1=k*sin(omega*t),
> Tastgrad2=k*sin((omega+120)*t) und
> Tastgrad3=k*sin((omega+249)*t)
So moduliert man aber nicht. Richtig wäre:
Tastgrad1=k*sin(omega*t),
Tastgrad2=k*sin((omega*t+120) und
Tastgrad3=k*sin((omega*t+240)

Welche Variante hast du in deinem Code?

Cheers,

von laedi (Gast)


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Hallo A-Freak

A-Freak schrieb:
> Du begehst einen Denkfehler indem du einen Sternpunkt annimmst den es
> bei den 3 Halbbrücken gar nicht gibt.
>

genau das ist mein Problem.

> Die 3 Halbbrücken erzeugen ausschließlich 3 Außenleiter zwischen denen
> sinusförmige 400V liegen.
>

Richtig.

> Wenn du einen Neutralleiter brauchst gegen den du 230V entnehmen kannst
> dann mußt du eine vierte Halbbrücke dazu nehmen und diese mit der 3.
> harmonischen alleine Speisen.


Diese Idee hatte ich auch schon, sie schien mir aber zu absonderlich, 
weil ich (unerfahren) noch keine 3Phasen Brücke mit 4 Brücken gesehen 
habe. Deshalb habe ich sie wieder verworfen.
Jetzt klingt es plausibel.

Danke für den Hinweis. Und Sorry für meine langatmigen Beiträge.

Gruesse, Laedi

von laedi (Gast)


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Alexander schrieb:
> Hi,
> laedi schrieb:
>> Tastgrad1=k*sin(omega*t),
>> Tastgrad2=k*sin((omega+120)*t) und
>> Tastgrad3=k*sin((omega+249)*t)
> So moduliert man aber nicht. Richtig wäre:
> Tastgrad1=k*sin(omega*t),
> Tastgrad2=k*sin((omega*t+120) und
> Tastgrad3=k*sin((omega*t+240)
>
> Welche Variante hast du in deinem Code?
>
> Cheers,

Hallo Alexander, ja, stimmt omega*t+120, tschuldigung. Ich selbst habe 
RZM verwendet, so wie im Beitrag

http://www.mikrocontroller.net/articles/Frequenzumrichter_mit_Raumzeigermodulation

Leider fehlt mir ein bißchen Leistung am Motor und auf der Suche nach 
den Ursachen habe ich die verschiedenen Modulationsarten recherchiert, 
um ein Problem in meinem Ansatz zu finden.  Hoffnung war, mit THIPWM 
noch 15% herauszuholen.



Die Brückentransistoren meines FU können 10A Dauerstrom ab (Kühlung mal 
aussen vor), deshalb ging ich von einer maximalem effektiven Strom von 
10A/sqrt(2)=7A aus bei 3x230V, also ca. 4,8kW. Ein 2kW Motor, den ich 
angeschlossen habe, brachte nur ca. 80% der Leistung.

Leadi

von temp (Gast)


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laedi schrieb:
> Meine einzige Vermutung ist, dass THI nur funktioniert, wenn der Motor
> im Stern geschaltet ist. L.

Das ist nicht richtig. Egal ob Stern oder Dreieck ist für den Motor bis 
auf die unterschiedliche Spannungshöhe egal.

laedi schrieb:
>> Tastgrad1=k*sin(omega*t),
>> Tastgrad2=k*sin((omega*t+120) und
>> Tastgrad3=k*sin((omega*t+240)

Wenn man das mit Sinus macht hast du natürlich recht. Ich hatte dir doch 
schon die Excel-Formel gepostet um die entsprechenden Kurven zu 
generieren:

L1=(SIN(x*PI()/180)+SIN(x*3*PI()/180)/6)/0,866025404
L2=(SIN((x+120)*PI()/180)+SIN((x+120)*3*PI()/180)/6)/0,866025404
L3=(SIN((x+240)*PI()/180)+SIN((x+240)*3*PI()/180)/6)/0,866025404

da hast du dann  bei 60°, 120° ... jeweils den Zustand bei dem eine 
Phase auf 1 und eine andere auf 0 ist.

von laedi (Gast)


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temp schrieb:
> Ich hatte dir doch
> schon die Excel-Formel gepostet um die entsprechenden Kurven zu
> generieren:
>
> L1=(SIN(x*PI()/180)+SIN(x*3*PI()/180)/6)/0,866025404
> L2=(SIN((x+120)*PI()/180)+SIN((x+120)*3*PI()/180)/6)/0,866025404
> L3=(SIN((x+240)*PI()/180)+SIN((x+240)*3*PI()/180)/6)/0,866025404
>
> da hast du dann  bei 60°, 120° ... jeweils den Zustand bei dem eine
> Phase auf 1 und eine andere auf 0 ist.

Ja, genau. Von Deinen Excelkurven habe ich mich ja auch "inspirieren" 
lassen. Laedi.

PS

Nach dem Exkurs in Modulationsarten im Dreiphasensystem habe ich einen 
Grund für die Minderleistung in einer ganz trivialen Ecke gefunden. Die 
Zwischenkreiskapazität ist zu klein (Sparsamkeit?). Dadurch fällt die 
Spannung im Zwischenkreis extrem zusammen, und die Brücke wird nur 
unzureichend versorgt.

Hinweis an mich: einfach mal das Naheliegende prüfen. :-(

Laedi

von A-Freak (Gast)


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Wenn du einen Motor betreiben willst dann vergesse bitte was ich über 
die vierte Halbbrücke geschrieben hatte.

Diese brauchst du nur wenn du ein vollständiges Drehstromnetz mit 
Neutralleiter für 230 und 400V erzeugen willst.

Motor in Dreieck dran, theoretischen Sternpunkt ignorieren und gut ists.

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