Forum: HF, Funk und Felder Sendeendstufe vor Fehlanpassung schützen? (Grundlagenfragen)


von Marek N. (Gast)


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Moin,

ich trau mich kaum zu fragen, da ich es ja mal für die AFU-Prüfung 
gelernt habe und im Studium war auch mal was mit HF-Technik, aber was 
solls...?

Einfaches Szenario aus der Amateurpraxis:
100 W-Sender (1,5-30 MHz), 50 Ohm-Ausgang Koax.
Macht an 50 Ohm Last 70,7 Veff bzw. 100 V Spitze. Der Strom ist 
entsprechend 1,4 Aeff bzw. 2 A Spitze.

Durch einen Kabelbruch in der Leitung kommt es zu einer Fehlanpassung: 
VSWR->unendlich. Je nach Leitungslänge wird die Fehlstelle zum Sender 
hin schlimmstenfalls  als Kurzschluss oder Leerlauf transformiert. Alle 
anderen Fälle sind milder.
Im Falle des Leerlaufs "sieht" der Sender die doppelte Spannung, also 
200 V Spitze.
Im Falle des Kurzschlusses sieht der Sender den doppelten Strom, also 4 
A Spitze.

Frage: Reicht es, die Endstufe für die doppelte Spitzenspannung und den 
doppelten Spitzenstrom zu bemessen, also 200 V und 4 A? (Zzgl. einer 
gewissen Toleranz.)
Oder muss hier sogar der Spitze-Spitze-Wert angenommen werden?

Idee: Wenn man die rücklaufende Leistung mit einem breitbandigen 
Richtkoppler auskoppelt und in einem Absorber verheizt, dann darf die 
Endstufe wieder für den Normalfall dimensioniert werden? Die Anpassung 
der Endstufe ist ja immer ideal, da S_11 -> -unendlich dB.

Die Spannung überm Absorber ließe sich auswerten und bei Überschreiten 
eines bestimmten Grenzwertes die Endstufe abschalten oder zurückregeln.

Habe ich das soweit verstanden oder irgendwas pöhses vergessen?

Beste Grüße, Marek

von ZF (Gast)


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Moin moin Marek,

Marek N. schrieb:
> Idee: Wenn man die rücklaufende Leistung mit einem breitbandigen
> Richtkoppler auskoppelt und in einem Absorber verheizt, dann darf die
> Endstufe wieder für den Normalfall dimensioniert werden? Die Anpassung
> der Endstufe ist ja immer ideal, da S_11 -> -unendlich dB.

Ein normaler Richtkoppler koppelt nur einen kleinen Teil aus, der Rest 
geht den normalen Weg. Was Du beschreibst nennt sich Einwegleitung, ist 
ein an einem Port mit Dummy-Load abgeschlossener Zirkulator. Ich kenne 
die selbst allerdings nur für höhere Frequenzen, diese sind recht 
schmalbandig.

> Die Spannung überm Absorber ließe sich auswerten und bei Überschreiten
> eines bestimmten Grenzwertes die Endstufe abschalten oder zurückregeln.
Ja, das geht. Man kann auch so dann und wann die Dummy-Load anfassen, 
und fühlt an der Temperatur ob was nicht stimmt. Falls Du aber doch 
einen Richtkoppler bei dem das meiste der reflektierten Leistung in den 
Sender zurück geht nimmst, dann muss Deine Auswerte- und 
Eingreifelektronik sehr schnell sein.

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen,

es gibt seit der Verbreitung der Transistor-PAs Schaltungen, die bei 
einem zu hohen SWR zumindest die Leistung herunterregeln und/oder im 
Exremfall abschalten. Da gibt es nichts zu Rechnen wegen vielleicht 
zuviel Spannung oder Strom. Das Ding macht einfach Plopp und ist aus. 
... hoffentlich haben auch die PA-Transistoren überlebt..??
Und so etwas gibt es seit mehr als 50 Jahren. Die von FZ erwähnten Iso- 
und Zikulatoren gibt es erst von > 100MHz.

73
Wilhelm

von Marek N. (Gast)


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Mahlzeit!

Au ja, stimmt, der Richtkoppler trennt ja nicht vollständig die vor- und 
rücklaufende Welle, sondern hat meist ja so 30 ... 40 dB 
Auskoppeldämpfung. Also zum Detektieren der Fehlanpassung OK, zum 
Umleiten der rücklaufenden Welle so nicht geeignet. Verstanden.
Ja, Zirkulatoren/Isolatoren auf Ferrit-Basis kenne ich auch nur von den 
Mikrowellen.

Genau, aber zum Entwerfen einer solchen Schutzschaltung wüsse ich gerne 
die Verhältnisse am PA-Transistor, damit sie überleben.
Dass man die Endstufe trotz Totalreflexion nicht weiter betreibt ist 
klar, da die rücklaufende Leistung demuduliert werden kann und es durch 
die DC eine Arbeitspunktverschiebung geben kann.

Ich möchte nur wissen, wie muss das Getriebe konstruiert sein, damit man 
auch bei 180 km/h den Rückwärtsgang einlegen kann ;-)

von Knösel (Gast)


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Robust.

von Soul E. (Gast)


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Marek N. schrieb:

> Ich möchte nur wissen, wie muss das Getriebe konstruiert sein, damit man
> auch bei 180 km/h den Rückwärtsgang einlegen kann ;-)

Verstärker für EMV-Messungen (Bonn, Amplifier Research, R&S) lassen sich 
an quasi beliebiger Fehlanpassung betreiben ohne Schaden zu nehmen (bzw 
regeln ab). Auch im kW-Bereich. Da sind also entsprechende 
Schutzschaltungen vorhanden. Ein Service Manual mit Schaltbildern steht 
leider nicht in Griffweite, aber Google könnte was finden.

Sendeverstärker sind empfindlicher. Die werden üblicherweise einmal mit 
dem Mast verkabelt und dann eingemessen, da schraubt kein Student die 
Antenne an die falsche Buchse in der Hallenwand und wundert sich warum 
bei 65dBm Leistungsbegrenzung immer noch kein Feld da ist.

von Udo (Gast)


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Ein 3db Dämpfungsglied sorgt für ein SWR nicht über 2. Es sollte 
belastbar sein.
Udo

von Hp M. (nachtmix)


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Marek N. schrieb:
> Je nach Leitungslänge wird die Fehlstelle zum Sender
> hin schlimmstenfalls  als Kurzschluss oder Leerlauf transformiert. Alle
> anderen Fälle sind milder.
> Im Falle des Leerlaufs "sieht" der Sender die doppelte Spannung, also
> 200 V Spitze.
> Im Falle des Kurzschlusses sieht der Sender den doppelten Strom, also 4
> A Spitze.

Nicht unbedingt milder.
In einen Leerlauf oder Kurzschluss gibt die Endstufe ja keine Leistung 
ab, aber für die dazwischen liegenden Fälle erleidet der Transistor 
Überstrom und Überspannung gleichzeitig.
Das sind die Zutaten für den Second Breakdown.
Deshalb gibt es HF-Leistungstransistoren, für die der Hersteller ein 
maximales SWR, das kann auch mal ∞ sein, garantiert.

von Ralph B. (rberres)


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Hp M. schrieb:
> Das sind die Zutaten für den Second Breakdown.

LD-Mos Transistoren kennen kein Second Breakdown.

Motorola ( bzw die jetzt existierende Nachfolgefirma ) hat einen LD-Mos 
auf den Markt gebracht, welches im UHF Bereich 1KW Leistung liefert.

Irgendwo wurde ein Video veröffentlicht, bei welcher die Last bei voller 
Ausgangsleistung der Endstufe einfach von der Endstufe getrennt wurde.

Danach hat man mit einen Schraubenzieher einen Kurzschluss produziert 
und dabei auch Funken gezogen.

Das hatte die Endstufe ohne Murren überlebt.

Man kann also eine Endstufe bauen, welche jede denkbare Last überlebt.

Ob das wirtschaftlich ist, steht auf einen ganz anderen Blatt.

Man sollte aber bedenken das LD-Mos Endstufen extrem empfindlich gegen 
zu hoher Eingangsspannung sind. Da sind schon so manche KW Endstufen 
gestorben, ohne das der Betreiber sich einer Schuld bewust ist.

Ralph Berres

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen, hallo Ralph,

diese Video habe ich gesehen, nicht zu glauben; aber fragt nicht weiter; 
ist aber zumindest 1 bis 2 Jahre her. War von NXP. wenn ich mich 
erinnere.

73
Wilhelm

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Beitrag "Re: 20MHz - 200MHz Isolator bzw. Zirkulator"
schon acht Jahre her. Es gab eine Art Zirkulator auch für niedrigere 
Frequenzen, aber nicht für Kurzwelle. Das ging erst bei 68 MHz los und 
natürlich schmalbandig.

von Billy (Gast)


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Marek N. schrieb:
> Durch einen Kabelbruch in der Leitung kommt es zu einer Fehlanpassung:
> VSWR->unendlich. Je nach Leitungslänge wird die Fehlstelle zum Sender
> hin schlimmstenfalls  als Kurzschluss oder Leerlauf transformiert. Alle
> anderen Fälle sind milder.

Eine Möglichkeit den PA zu schützen, wäre ein Isolator bzw. Zirkulator.
Bin mir aber nicht sicher, ob es die für so niedrige Frequenzen gibt.
Ich habe mal in einer Firma gearbeitet, da wurden die im Bereich 
Mobilfunk Basissationen verbaut. Frequenz 900, 1800 und 2100 MHz.

von Ralph B. (rberres)


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gab es nicht einen Trick, mit der man einen Zirkulator mit Hilfe von 4 
Stück Koaxkabel aufbauen konnte, welche als Ring geschaltet war, wobei 
einer der
Koaxstücke eine andere Länge hatte?

Das Funktionsprinzip war eine  Phasenauslöschung bedingt durch 
unterschiedliche Laufzeiten im Kabel.

Ralph Berres

von Michael M. (michaelm)


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Hallo Ralph,
war das nicht mal in der UHF-Unterlage Thema? Erinnerung ist dunkel...

Michael

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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>Zirkulator mit Hilfe von 4 Stück Koaxkabeln
da hatte jemand den Zirkulator gründlich missverstanden. Aus Kabeln kann 
man keine nicht-rekursiven Bauteile aufbauen.

Das war ein simples Magic-Tee, ein Viertor, dessen an einem Port 
eingespeiste Leistung -3dB gedämpft an den Nachbarports herauskommt, der 
vierte Port ist stark gedämpft.

: Bearbeitet durch User
von 2⁵ (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> Irgendwo wurde ein Video veröffentlicht, bei welcher die Last bei voller
> Ausgangsleistung der Endstufe einfach von der Endstufe getrennt wurde.

Falls es noch jemand sucht, hier ist das Video: 
https://www.youtube.com/watch?v=8ziYqjMQGEQ

Durchaus beeindruckend. Die HF-Amp Sparte von NXP ist inzwischen 
ausgegliedert unter dem Namen Amplion. Leider sind die "extremely 
rugged"  100W-Typen für einen 10-tel des Preises (um die 30 €) (z.B. 
BLP05H6110XR) erst ab 10 MHz spezifiziert, sonst wären die ja ideal für 
Mid-Power HF-Endstufen.

von 2⁵ (Gast)


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Wobei: Es sind ja 50V-Typen. Also eher nichts für die Endstufe an einer 
Autobatterie.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ampleon-Transistoren gab es auch auf der letzten UKW-Tagung von einem 
Holländer:
https://www.ampleon.com/products/matched-ism-cooking-defrosting/2450-mhz/BLM2425M7S60P.html
und eine preiswerte Sendeendstufe damit für QO-100 (Seite 3 "Oscar 100: 
20 Watt Amplifier"
http://www.hfprints.com/pe1cmo/rc_images/pe1cmo_products.pdf
Eigentlich ist das ein 60 Watt Doppeltransistor, eher für 
Mikrowellenherde.

: Bearbeitet durch User
von Ralph B. (rberres)


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2⁵ schrieb:
> Wobei: Es sind ja 50V-Typen. Also eher nichts für die Endstufe an einer
> Autobatterie.

Der Trend geht eh in Richtung 50V ( oder in Zukunft noch höhere Spannung 
).

Das hat den Vorteil, das die Übersetzungsverhältnisse des 
Ausgangsnetzwerkes kleiner werden, und eine bessere Linearität haben sie 
obendrein auch noch.

Ralph Berres

von argos (Gast)


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2⁵ schrieb:
> Falls es noch jemand sucht, hier ist das Video:
> Youtube-Video "NXP's Unbreakable LDMOS: BLF578XR Power Transistor"

Leider ist das kein CW- sondern Pulsbetrieb.

2⁵ schrieb:
> Leider sind die "extremely rugged"  100W-Typen für einen 10-tel des
> Preises (um die 30 €) (z.B. BLP05H6110XR) erst ab 10 MHz spezifiziert,
> sonst wären die ja ideal für Mid-Power HF-Endstufen.

Laut Datenblatt HF bis 600MHz. Weshalb sollte der BLP nicht unterhalb 
10MHz betrieben werden? "Extremely rugged" auch in diesem Fall 
ausschließlich im Pulsbetrieb.

von Ralph B. (rberres)


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argos schrieb:
> Leider ist das kein CW- sondern Pulsbetrieb.

Woher nimmst du diese Erkenntnis?

Ralph Berres

von 2⁵ (Gast)


Angehängte Dateien:

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argos schrieb:
> Laut Datenblatt HF bis 600MHz.

Nun, ich beziehe mich auf diese Übersicht: 
https://www.ampleon.com/products/extremely-rugged/50-v#/ 
(BLP05H6110XR-2.png)

Andererseits werden im Datenblatt 
https://www.ampleon.com/documents/data-sheet/BLP05H6110XR_H6110XRG.pdf 
auf Seite 4 die AC characteristics bei 1 MHz angegeben. 
(BLP05H6110XR-1.png)

> Weshalb sollte der BLP nicht unterhalb 10MHz betrieben werden? "Extremely 
rugged" auch in diesem Fall ausschließlich im Pulsbetrieb.

Ebenfalls auf Seite 4 stehen die "RF characteristics" mit Test signal: 
pulsed RF; tp = 100 µs; delta = 20 %. Sind das dann effektiv nur ca. 
20W? (1/5?)

von Ralph B. (rberres)


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2⁵ schrieb:
> Falls es noch jemand sucht, hier ist das Video:
> Youtube-Video "NXP's Unbreakable LDMOS: BLF578XR Power Transistor"

2⁵ schrieb:
> Nun, ich beziehe mich auf diese Übersicht:
> https://www.ampleon.com/products/extremely-rugged/50-v#/
> (BLP05H6110XR-2.png)
>
> Andererseits werden im Datenblatt
> https://www.ampleon.com/documents/data-sheet/BLP05H6110XR_H6110XRG.pdf
> auf Seite 4 die AC characteristics bei 1 MHz angegeben.
> (BLP05H6110XR-1.png)

Ich beziehe mich aber auf das Video mit dem BLF578

2⁵ schrieb:
> Falls es noch jemand sucht, hier ist das Video:
> Youtube-Video "NXP's Unbreakable LDMOS: BLF578XR Power Transistor"

Und da kann ich im Video nicht erkennen das es sich um Pulsbetrieb 
handelt.

Ralph Berres

von 2⁵ (Gast)


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Mein Post war eher als Frage an "argos" gedacht. Mich würde jetzt auch 
interessieren, ob die angegebenen Leistungen und "Schutz" auch 
Dauerstrich möglich sind oder halt "nur" bei 20% Pulsdauer.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Ralph B. schrieb:
> argos schrieb:
>> Leider ist das kein CW- sondern Pulsbetrieb.
>
> Woher nimmst du diese Erkenntnis?

Das im Video gezeigte Labornetzteil ist für eine maximale Leistung von 
1.000 W ausgelegt. Zudem lässt sich in den Versuchen zur Fehlanpassung 
erkennen, dass der Strom maximal knapp 12 A bei 50 V beträgt, also nur 
600 W. Auch bei anderen Versuchen kann man erahnen, dass der Strom nur 
im Bereich einstelliger Ampere liegt. Selbst beim Kurzschluss mit 
Überspannung zieht der Verstärker nur 9,46 A bei 55 V.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Andreas S. schrieb:
> Das im Video gezeigte Labornetzteil ist für eine maximale Leistung von
> 1.000 W ausgelegt.

Laut Datenblatt liefert das gezeigte HP 6032A Netzgerät 1200 W. Das 
passt, CW-Betrieb vorausgesetzt, zu den an dem R&S-Leistungsmesser 
angezeigten 1,2 kW, wenn das Netzgerät noch etwas Overrange schafft. Bei 
Fehlanpassung am Ausgang muss der Verstärker natürlich nicht mehr die 
maximal verfügbare Leistung liefern. Man sieht ja, dass die Schaltung 
bei Kurzschluss bzw. Leerlauf eher um die 600 W aufnimmt.

Wenn diese 600 W im Transistor vollständig in Wärme umgesetzt werden 
(Reflexion am Ausgang), sollte er das bei einem Wärmewiderstand von 0,11 
K/W von Sperrschicht zu Gehäuse zumindest thermisch schon überleben 
können. Für eine maximale Sperrschichttemperatur von 200 °C müsste man 
dann das Gehäuse auf unter 134 °C halten. Man könnte den Transistor 
natürlich noch durch die auftretenden Spannungen killen (U_DS ist 
maximal 110 V).

Das Datenblatt ist etwas vorsichtiger: "Ruggedness in class-AB 
operation: The BLF578XR and BLF578XRS are capable of withstanding a load 
mismatch corresponding to VSWR > 65:1 through all phases under the 
following conditions: VDS = 50 V; IDq = 40 mA; PL = 1400 W pulsed; f = 
225 MHz."

von argos (Gast)


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2⁵ schrieb:
> Mich würde jetzt auch
> interessieren, ob die angegebenen Leistungen und "Schutz" auch
> Dauerstrich möglich sind oder halt "nur" bei 20% Pulsdauer.

Ja, der Transistor kann die angegebene Leistung selbstverständlich auch 
als Dauerstrich (PEP=AVG) abgeben. Mit dem SWV (insbesondere Kurzschluß) 
am Ausgang des Verstärkers muss man aber in diesem Fall vorsichtig sein 
und verschieden Schutzmaßnahmen ergreifen.

2⁵ schrieb:
> Nun, ich beziehe mich auf diese Übersicht:
> https://www.ampleon.com/products/extremely-rugged/50-v#/
> (BLP05H6110XR-2.png)

Im genannten Frequenzbereich bewegen sich profesionellen Applikationen 
für die dieser LDMOS Transistor geeignet wäre. Andere Anwendungen, auch 
unterhalb 10MHz, sind auch möglich.

2⁵ schrieb:
> Ebenfalls auf Seite 4 stehen die "RF characteristics" mit Test signal:
> pulsed RF; tp = 100 µs; delta = 20 %. Sind das dann effektiv nur ca.
> 20W? (1/5?)

Die Momentan- bzw. Spitzenleistung (PEP) liegt bei 100W. Die 
Durchschnittsleistung (AVG) liegt darunter, abhängig von der 
Puls/Pausendauer.

Mario H. schrieb:
> Laut Datenblatt liefert das gezeigte HP 6032A Netzgerät 1200 W. Das
> passt, CW-Betrieb vorausgesetzt, zu den an dem R&S-Leistungsmesser
> angezeigten 1,2 kW, wenn das Netzgerät noch etwas Overrange schafft. Bei
> Fehlanpassung am Ausgang muss der Verstärker natürlich nicht mehr die
> maximal verfügbare Leistung liefern. Man sieht ja, dass die Schaltung
> bei Kurzschluss bzw. Leerlauf eher um die 600 W aufnimmt.

Eine Diskussion ob Dauer- oder Pulsbetrieb ist eigentlich unnötig. Der 
Verstärker wir in Klasse-AB gefahren (wird im Video auch erwähnt). 1,2kW 
Ausgangsleistung aus einem 1,2kW Netzteil sind in CW-Betrieb unmöglich. 
Bei Kurzschluß am Ausgang (UB=55V) fließen nur 9,46A, wodurch es sich 
bei den 1,2kW nicht um eine Dauerstrichausgangsleistung handeln kann.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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argos schrieb:
> Eine Diskussion ob Dauer- oder Pulsbetrieb ist eigentlich unnötig. Der
> Verstärker wir in Klasse-AB gefahren (wird im Video auch erwähnt). 1,2kW
> Ausgangsleistung aus einem 1,2kW Netzteil sind in CW-Betrieb unmöglich.

Letztendlich ist das natürlich Kaffeesatzleserei, man kann anhand der 
Informationen aus dem Video nicht mit Sicherheit sagen, unter welchen 
Bedingungen der Transistor betrieben wird. Bei einer Drain Efficiency 
von 69% lt. Datenblatt müsste das Netzgerät für CW ca. 1739 W liefern. 
Das im Video gezeigte HP 6032A hat explizit Overrange-Fähigkeiten, was 
die Ausgangsleistung betrifft. Ob es allerdings die 1739 W dauerhaft 
schafft, weiß ich nicht.

> Bei Kurzschluß am Ausgang (UB=55V) fließen nur 9,46A, wodurch es sich
> bei den 1,2kW nicht um eine Dauerstrichausgangsleistung handeln kann.

Die DC-Leistungsaufnahme kann bei einer extremen Fehlanpassung am 
Ausgang viel geringer sein, als bei Anpassung. Das sieht man auch in 
diesem Video (ab 2:49), wo ein Ampleon-Mitbewerber einen ähnlichen Test 
zeigt:

https://www.youtube.com/watch?v=bMEsEATudgM

Hier wird allerdings explizit gesagt, dass es gepulster Betrieb ist.

: Bearbeitet durch User
von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Mario H. schrieb:
> Andreas S. schrieb:
>> Das im Video gezeigte Labornetzteil ist für eine maximale Leistung von
>> 1.000 W ausgelegt.
>
> Laut Datenblatt liefert das gezeigte HP 6032A Netzgerät 1200 W.

Ich halte diesbezüglich den Aufdruck auf dem Gerät für aussagekräftiger, 
siehe Bildschirmfoto. Aber egal, ob 1.000 W oder 1.200 W: wahrscheinlich 
wird das ganze die thermische Obergrenze bei längerem Betrieb 
darstellen, d.h. das Gerät wird wahrscheinlich eine Minute bei 1.200 W 
besser wegstecken als fünf Stunden bei 1.000 W.

Nichtsdestrotrotz müsste man ja bei den Tests mit voller Leistungsabgabe 
und 50 V Versorgungsspannung eine Stromaufnahme von mindestens 20 A oder 
24 A sehen, und zwar bei 100% Wirkungsgrad. Auch wenn der Hintergrund im 
Video ziemlich unscharf ist, erkennt man aber schon, dass der Strom 
immer einstellig bleibt.

Daher gehe ich sehr deutlich davon aus, dass das ganze im Pulsbetrieb 
gefahren wird, vermutlich mit einer mittlerweile Ausgangsleistung von 
höchstens 100 W.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Mario H. schrieb:
> https://www.youtube.com/watch?v=bMEsEATudgM
>
> Hier wird allerdings explizit gesagt, dass es gepulster Betrieb ist.

Genau, es wird ein Duty Cycle von 20% erwähnt. Wir können zudem ablesen:

U = 65 V, I = 6,94 A ==> P_psu = 451,1 W
P_pulse = 1.218 W

P_out = P_pulse * 20 % = 243,6 W
eta = P_out / P_psu = 54 %

Ein Wirkungsgrad von 54 % ist dabei durchaus plausibel.

von Ralph B. (rberres)


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Mittlerweile bin ich auch der Meinung das es sich um Pulsbetrieb handeln 
muss.

Allerdings finde ich, das das die Grenze zur Verarschung ist.

Was hier so werbewirksam gezeigt wurde muss man also erst kritisch 
hinterfragen.

Ich sehe aber auch, das der Transistor diese Betriebszustände auch bei 
CW
abkönnen muss, vorausgesetzt das die Kühlung ausreichend ist, was auch 
nicht so ganz einfach ist.

Ralph Berres

von Holger D. (hodoe)


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Ralph B. schrieb:
> Allerdings finde ich, das das die Grenze zur Verarschung ist.

Naja, wir Funkamateure würden uns nach unzerstörbaren LDMOS die Finger 
lecken. Gibt es aber leider nicht. Als das Video erschien, wurde in 
diversen Foren darüber berichtet und da war klar, dass es sich um sehr 
kurze Impulse halten muss.

Neben den üblichen Richtkopplern sind auch Stromüberwachungen sinnvoll, 
die z.B. bei 20 A abschalten. DJ0ABR hat da doch schöne Sachen 
veröffentlicht.

von Ralph B. (rberres)


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Holger D. schrieb:
> Naja, wir Funkamateure würden uns nach unzerstörbaren LDMOS die Finger
> lecken. Gibt es aber leider nicht.

Ich bin mir da nicht so sicher.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen das ich keine LD-Mos-Endstufe 
bisher durch Fehlanpassung am Ausgang zerstört habe. Allerdings waren es 
bei mir bisher nur Leistungen bis 200W.

Wenn es die im Video gezeigten Prozeduren nur im gepulsten Betrieb 
überlebt, dann kann es ja eigentlich sich nur um ein 
Verlustleistungsproblem handeln.

Denn die auftretene Ströme und Spannungen unterscheiden sich nicht im CW 
Betrieb. Die entnommene Ströme während des Impulses sind garantiert um 
ein vielfaches höher, als das Instrument des Netzteiles es anzeigt. 
Sonst könnten keine 1000 Watt rauskommen. Vermutlich ist am Ausgang des 
Netzteiles ein dicker Elco ( wie auch heute bei Agilent Labornetzteile 
üblich ), welches die fetten Ströme während des Pulses bereitstellt, 
ohne das der Strom im Instrument erfasst wird.

Warscheinlich hätte das Netzteil den Strom für die 1000W in CW nicht 
liefern können.

Im übrigen handelt es sich in dem Video vermutlich nicht um einen 
thermischen  Messkopf, sondern um einen Diodenmesskopf mit 
Spitzenwerthaltung, sonst könnte er im Pulsbetrieb nicht die richtige 
Leistung anzeigen.

Ich hätte es begrüßt, wenn man im Video wenigstens so ehrlich wäre, und 
auf den Pulsbetrieb hingewiesen hätte.

Vermutlich bin ich nicht der einzige der auf dieses Video reingefallen 
ist. Das Video habe ich mir jetzt mehrmals angeschaut. Da wurde der 
Pulsbetrieb nicht erwähnt. Bei 50 Ohm Abschluss wurde auch nicht die 
Stromaufnahme gezeigt. Obendrein hat in dem Video dreimal die Person 
gewechselt, was auch nicht das Vertrauen erhöht. Aber das ist mir erst 
beim dritten mal anschauen aufgefallen.

Ralph Berres

von Holger D. (hodoe)


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Ralph B. schrieb:
> Aus eigener Erfahrung kann ich sagen das ich keine LD-Mos-Endstufe
> bisher durch Fehlanpassung am Ausgang zerstört habe. Allerdings waren es
> bei mir bisher nur Leistungen bis 200W.

Mir schon bei meinen Experimenten mit verschiedenen Endstufen mit 
MRF300A/B. Die MRF300A/B machen sehr schnell dicke Backen. Einmal das 
falsche LPF und das war es dann.

von René H. (dj1yr)


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Hallo,

wieder so eine Diskussion über die Haltbarkeit von LDMOS, ich habe schon 
bei erscheinen dieser Transistoren darauf hin gewiesen, das in den Video 
damals Impulsbetrieb gefahren wird und die LDMOS der Leistungsklasse 
keinen richtigen AB Betrieb bis 1KW können, dazu braucht man sich auch 
nur die max. zulässige Verlustleistung anschauen.

Schlechtes SWR killen die Teile sehr schnell bei Vollaussteuerung, zu 
hohen Strom können die auch nicht, da sollte man sehr darauf achten, 
wenn man die im Dauerstrich bei extrem hoher Leistung betreibt, kommt es 
zu Ermüdungsescheinung der Bonddrähte der Drain´s, sobald da 1-2 Weg 
sind geht's recht schnell mit dem Ausfall.

Ich habe bestimmt 20stk ins Nirvana geschickt (einige davon absichtlich) 
um zu sehen was die wirklich halten.

Dauerstrich 24/7 bei guter Kühlung(mit Wasserkühlung gemacht) im AB um 
350W.

Gates sollten auf alle Fälle gegen Überspannung geschützt werden, das 
können die garnicht ab, auch nicht kurz.
Strom pro Doppeltransistor sollte bei 20-25A begrenzt werden.
Gegenkopplung würde ich auch weg lassen, bringt kaum was bei LDMOS außer 
hohes Risiko die Gates zu killen.

Auch die neuen Typen können nicht mehr Strom ab, aber höhere Spannung, 
d.h. für den den "Nichtdatenblattversteher", mit einem 65V Ldmos kann 
man mit 50V keine 1,5KW machen, da muss die Spannung rauf.

Es gibt glaube von NXP auch eine AppNote für einen HF Verstärker.

: Bearbeitet durch User
von Ralph B. (rberres)


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René H. schrieb:
> Auch die neuen Typen können nicht mehr Strom ab, aber höhere Spannung,
> d.h. für den den "Nichtdatenblattversteher", mit einem 65V Ldmos kann
> man mit 50V keine 1,5KW machen, da muss die Spannung rauf.
>
> Es gibt glaube von NXP auch eine AppNote für einen HF Verstärker.

Der BFL578 kann immerhin einen Strom con 77Amp laut Datenblatt.
0,11°/W ( für CW Betrieb ) lassen immerhin 1KW Verlustleistung zu, wenn 
man den Kühlkörper mit Hilfe von Wasserkühlung auf 35° hält.
Für Pulsbetrieb wird sogar nur 0,03°/Watt angegeben.

Aber es gibt einen Transistor der die 1250 Watt Output in CW kann.
Siehe Datenblatt

https://www.nxp.com/products/rf/rf-power/rf-ism-and-broadcast/1-600-mhz-broadcast-and-ism/1-8-600-mhz-1250-w-cw-50-v-wideband-rf-power-ldmos-transistors:MRFE6VP61K25H

Der kann 1250Watt in CW

Da ist sogar eine Applikation für das 2m Afunkband drin. Explizit für 
Linearbetrieb. Mit fast 60db IM3 Abstand bei 400W Output. Bei 1100Watt 
sind es immer noch 32db. Allerdings Ruhestrom 4,5Amp pro Transistor.

Ich finde leider das Video nicht mehr. Es wurde aber mit MRFE6VP61K25H 
dem genau der Test gemacht wie mit dem BFL578. Und da war es in CW.

Da muss auch nicht die Spannung rauf, sondern es ist eine Frage der 
Anpassung am Ausgang. Der Ausgang ist extrem niederohmig. Die Spannung 
muss um etwa Faktor 7 hochtransformiert werden.

René H. schrieb:
> Gates sollten auf alle Fälle gegen Überspannung geschützt werden, das
> können die garnicht ab, auch nicht kurz.

Da gebei ich dir allerdings recht, Die Transistoren sind extrem 
empfindlich gegen zu hohe Spannung am Eingang. Da reichen wenige nSek.

Ralph Berres

von René H. (dj1yr)


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Ja, die 1250W in CW kann er,
dabei hängt er in der Kompression und bei 74,6% Wirkungsgrad, die 70A 
beziehen sich auf die Funktion als DC Schalter.


Die neuen LDMOS als BLF189 oder 1k80, können bis 1,8kw, aber nur bei 
65V, das haben viele nicht ganz verstanden und wundern sich das die nach 
einer kurzen 1,8kw "Kur" teilweise ein LDMOS der beiden ausgefallen ist.

Das Datenblatt ist halt, trotz seiner Einfachheit, für das Groh der 
Amateure ein Buch mit 7 Siegeln...

Schau dir mal die Hilberling PA an, da sind zwei 1k25 drin, damit macht 
er max. 1KW, eher 750W.

von Holger D. (hodoe)


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Vielleicht bin ich ja zu blöde, aber wo finde ich die 65 V?

https://www.ampleon.com/documents/data-sheet/BLF189XRA_BLF189XRAS.PDF


Und was passiert, wenn Vdd 50 V anstelle 65 V ist?

: Bearbeitet durch User
von René H. (dj1yr)


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Ja, du hast recht, ich meine die 1k80 Dinger von NXP, die 189er können 
eine höhere Impulsleistung.

Ändert aber nichts an dem Gesamtkonstrukt...

Wenn man die VD bei gleicher abzugebenden Leistung erhöht, sinkt der 
Strom der benötigt wird, oder nicht?

Was man beachten sollte ist dann die Anpassung, 9:1 bei 50V ist noch gut 
zu gebrauchen bis 1KW, dann geht es schon Richtung 16:1.

Wenn man so die Berichte aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten 
verfolgt, wo einige diese 2k5 LDMOS PA (hat 9:1 am Ausgang, hatten 
früher mal 16:1) auf 189er umgerüstet haben und sich wundern das bei 
>2KW gebrülle denen die Dinger um die Ohren fliegen und sich dann 
darüber beschweren, muss man das nicht weiter kommentieren.

Was solls, denke man kommt von der eigentlichen Fragestellung ab

: Bearbeitet durch User
von Holger D. (hodoe)


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René H. schrieb:
> Was man beachten sollte ist dann die Anpassung, 9:1 bei 50V ist noch gut
> zu gebrauchen bis 1KW, dann geht es schon Richtung 16:1.

Roger. Tnx fer info.

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