Forum: Haus & Smart Home Wo erfolgt die Drehstrom-Lastverteilung / "Phasenverteilung"


von Gerader Ast (Gast)


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Der Betreff ist vielleicht etwas unklar, ich meine folgendes:
In vielen Wohnungen gibt es ja Kochplatten, die nur L1 und L2 (und N) 
verwenden, und die Backröhre nur L1 und N.
Wenn nun alle Wohnungen eines Mehrfamilienhaushaltes so angeklemmt 
werden, wird eine Schieflast im Drehstromanschluß erzeugt.
Deshalb meine Frage:
Gibt es einen Standard, wo (Wohneinheit/Hausanschluß...) L1/L2/L3 
zyklisch getauscht werden?
Und weiterhin, ob alle Steckdosenkreise einer Wohneinheit an einen 
Leiter zu klemmen sind oder ob da auch eine Aufteilung in L1/L2/L3 
zulässig ist?

von Horst G. (horst_g532)


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Gerader Ast schrieb:
> Frage:
> Gibt es einen Standard, wo (Wohneinheit/Hausanschluß...) L1/L2/L3
> zyklisch getauscht werden?

Nein. Es wird davon ausgegangen, dass pro Wohnung die Last bereits 
hinreichend symmetrisch verteilt wird.

> Und weiterhin, ob alle Steckdosenkreise einer Wohneinheit an einen
> Leiter zu klemmen sind oder ob da auch eine Aufteilung in L1/L2/L3
> zulässig ist?

Aufteilung ist zulässig und erwünscht, natürlich, ganz im Sinne einer 
möglichst symmetrischen Verteilung.

Gerader Ast schrieb:
> In vielen Wohnungen gibt es ja Kochplatten, die nur L1 und L2 (und N)
> verwenden, und die Backröhre nur L1 und N.

Ist das das Synonym zum nichtssagenden und sinnleeren "Studien zeigen, 
dass..."?
Ist mir noch nie begegnet; tatsächlich kam mir bisher ausschließlich die 
fachgerechte und sinnvolle Verteilung auf alle drei Phasen (z. B. 
Kochplatten L1 und L2, Röhre L3) unter.
Belege für deine Behauptung?

von Sven L. (sven_rvbg)


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Zumindest bei Wallboxen habe ich bei einem Hersteller schon gesehen, das 
die Außenleiter durchgetauscht werden um eine gleichmäßige Belastung zu 
erzielen.

Theoretisch könnte man im MFH auch die Außenleiter durchtauschen so 
durchtauschen, das man im Verteiler trotzdem ein rechtes Drehfeld hat.

Doof ist halt dann, wenn man im Zählerschrank den SLS für L1 
auschschaltet  aber der L1 im Verteiler noch Spannung hat.

von Arno (Gast)


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Gerader Ast schrieb:
> Gibt es einen Standard, wo (Wohneinheit/Hausanschluß...) L1/L2/L3
> zyklisch getauscht werden?

Keine Ahnung, ob es dazu einen Standard gibt. In "meinem" Haus sind die 
Wohnungen einphasig angeschlossen, aber (im Zählerschrank) auf die drei 
Phasen verteilt. Falls dir das hilft...

Gerader Ast schrieb:
> Und weiterhin, ob alle Steckdosenkreise einer Wohneinheit an einen
> Leiter zu klemmen sind oder ob da auch eine Aufteilung in L1/L2/L3
> zulässig ist?

Die Aufteilung ist zulässig. Sonst wären 3+1-polige RCDs mit Sicherheit 
nicht so verbreitet, ebenso wenig wie 3polige Phasenschienen.

MfG, Arno

(und das erinnert mich daran, dass ich endlich mal einen Elektriker auf 
den Zählerschrank schauen lassen muss, ob man da nicht zwei weitere 
NH0-Sicherungen in die vorhandenen Halter einsetzen kann, besonders 
nachdem der elektronische Zähler jetzt eh ein Drehstromzähler ist - die 
Steigleitung ist auch 5-adrig, die Unterverteilung ist eh schon für 
Drehstrom ausgelegt und nur entsprechend gebrückt und für den E-Herd 
liegen noch alle "Außenleiter" auf einem einzigen Automaten, um 
N-Überlast zu verhindern. Nach Corona.)

von Helge (Gast)


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Beispiel Haus mit 15 Ferienwohnungen. Man kann davon ausgehen, daß viele 
gleichzeitig z.B. den Backofen oder den Toaster benutzen. Alle Wohnungen 
gleich aufgelegt. Daher im Hauptverteiler 1. Wohnung L1-L2-L3, 2. 
Wohnung L2-L3-L1, 3. Wohnung L3-L1-L2 aufgelegt. Einzelsicherungen für 
Drehstrom sind eh nicht erlaubt.

von Ansgar K. (malefiz)


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Es gibt für sowas auch Z-trafos.
Der Stromversorger hat Trafos wo eine Spuhle auf 2 Schenkel auf geteilt 
werden

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Horst G. schrieb:
> Nein. Es wird davon ausgegangen, dass pro Wohnung die Last bereits
> hinreichend symmetrisch verteilt wird.

Innerhalb einer Wohnung kannst du die Last in Bezug auf die 
Phasenauslastung nicht gleichmäßig verteilen. Du kannst nur erreichen, 
dass in einem Hochlastfall (Weihnachtmenü auf allen Platten und in der 
Backröhre) nicht alles auf einer Phase landet.

Horst G. schrieb:
> Ist mir noch nie begegnet; tatsächlich kam mir bisher ausschließlich die
> fachgerechte und sinnvolle Verteilung auf alle drei Phasen (z. B.
> Kochplatten L1 und L2, Röhre L3) unter.

Selten sind auf einem Herd alle Kochplatten und die Röhre gleichzeitig 
in Betrieb (alles noch wellenpaketgesteuert mit mehreren Sekunden Takt). 
Eine gleichmäßige Netzlast auf den Phasen ergibt sich nur mit einer 
statistischen Verteilung als Mittelwert über viele Wohnungeinheiten. 
Wenn alle ihre Backröhre auf L3 verdrahtet haben, entsteht in der 
Vorweihnachstzeit am Nachmittag beim Plätzchenbacken die große 
Schieflast ;-)
Aber das ist dem fachgerecht verdrahtenden Azubi wahrscheinlich schwer 
beizubringen, wenn er die Kochherde in sämtlichen Küchen einer 
Wohnanlage verdrahten soll.

von Elektrofan (Gast)


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> Einzelsicherungen für
> Drehstrom sind eh nicht erlaubt.

"Ganz vorne" sind die oft getrennt. ...-

Auch (fast) alle Sicherungsautomaten für 3-phasig angeschlossenen Herde,
die mir vorkamen, konnte/kann man separat schalten.

> Es gibt für sowas auch Z-trafos.
Die sind dafür notwendig,
um aus einem Hochspannungsnetz in Sternschaltung OHNE Neutralleiter
eine Niederspannung MIT Neutralleiter zu erhalten.

von Joergk (Gast)


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Elektrofan schrieb:
>> Es gibt für sowas auch Z-trafos.
>
> Die sind dafür notwendig,
> um aus einem Hochspannungsnetz in Sternschaltung OHNE Neutralleiter
> eine Niederspannung MIT Neutralleiter zu erhalten.

Nö, das schafft ein einfacher Dyn auch.
Die Z-Schaltung beseitigt aber die Schieflast auf der OS-Seite.

Jörg

von Helge (Gast)


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Elektrofan schrieb:
> Auch (fast) alle Sicherungsautomaten für 3-phasig angeschlossenen Herde,
> die mir vorkamen, konnte/kann man separat schalten.

Das ist, in AT zumindest, nicht mehr zulässig. Auch "Sparverkabelung", 2 
Steckdosen an 5x2,5 zum Beispiel, muß gemeinsam geschaltet sein.

von hinz (Gast)


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Helge schrieb:
> Elektrofan schrieb:
>> Auch (fast) alle Sicherungsautomaten für 3-phasig angeschlossenen Herde,
>> die mir vorkamen, konnte/kann man separat schalten.
>
> Das ist, in AT zumindest, nicht mehr zulässig.

So?

Beitrag "2 FI, LS 16/13A"


> Auch "Sparverkabelung", 2
> Steckdosen an 5x2,5 zum Beispiel, muß gemeinsam geschaltet sein.

Andere Baustelle.

von Helge (Gast)


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.. übrigens auch deshalb nicht mehr zulässig, weil manche 
Induktionsherde dir dann ca 100V auf die einzelne freigeschaltete Phase 
geben können.

von hinz (Gast)


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Helge schrieb:
> .. übrigens auch deshalb nicht mehr zulässig, weil manche
> Induktionsherde dir dann ca 100V auf die einzelne freigeschaltete Phase
> geben können.

Zeigen.

von Helge (Gast)


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Steht beim Kunden. 9kW.

von hinz (Gast)


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Helge schrieb:
> Steht beim Kunden. 9kW.

Und weshalb sollte der nicht wie üblich nur mit 230V betriebene 
Komponenten enthalten?

von Gerader Ast (Gast)


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Danke erstmal allen Schreibern.
Zum Herdanschluß, habe bei einem Freund eine Küche mit aufgebaut, da war 
das Kochfeld autark an L1/L2/N anzuschließen, und der Backofen mit 
Schukostecker. Auch im neuesten Video von Zerobrain sagt er der Herd 
wird nur mit L1/L2/N angeschlossen. Und selbst wenn der Backofen auf L3 
kommt, wie von einem Poster schon erwähnt ist ja keine gleichmäßige 
Auslastung gegeben.
Die Frage richtet sich ob es halt einen Standard gibt ab wann das 
Erdkabel mit den drei Leitern die Namen L1/L2/L3 erhält und ob diese 
getauscht werden können.
Mal angenommen ich nehme im HAK eine der fetten Sicherungen raus (ist 
verplompt, nur theoretisch ;-) ob dann in allen Wohnungen die gleiche 
Phase tot ist.
Das mit der Aufteilung der Phasen auf die Stromkreise der Wohnung 
leuchtet ein.

von Arno (Gast)


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Helge schrieb:
> .. übrigens auch deshalb nicht mehr zulässig, weil manche
> Induktionsherde dir dann ca 100V auf die einzelne freigeschaltete Phase
> geben können.

Belastbar oder nur Ableitströme?

MfG, Arno

von Gerader Ast (Gast)


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Sven L. schrieb:
> Zumindest bei Wallboxen habe ich bei einem Hersteller schon gesehen, das
> die Außenleiter durchgetauscht werden um eine gleichmäßige Belastung zu
> erzielen.

Hast du da mehr Infos? Werden die Wallboxen an Drehstrom angeschlossen 
und ziehen trotzdem nur Strom von einer Phase? Und tauscht der 
Hersteller dann die Leiter in der Wallbox, oder muß das der Installateur 
beim Anschließen mache?

von Sven L. (sven_rvbg)


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Gerader Ast schrieb:
> Hast du da mehr Infos? Werden die Wallboxen an Drehstrom angeschlossen
> und ziehen trotzdem nur Strom von einer Phase? Und tauscht der
> Hersteller dann die Leiter in der Wallbox, oder muß das der Installateur
> beim Anschließen mache?

Es gibt halt Wallboxen, die zw. 1 und 3 phasigem Laden umschalten können 
und damit das Netz gleichmäßig belastet wird, soll man die Außen leiter 
in den Wallboxen "durchtauschen"  Siehe S. 10 
https://wallbox.heidelberg.com/wp-content/uploads/2021/02/Wallbox-Energy-Control-Montage-DEU_00.pdf

von Elektrofan (Gast)


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Joergk (Gast) schrieb:

>> Die sind dafür notwendig,
>> um aus einem Hochspannungsnetz in Sternschaltung OHNE Neutralleiter
                                     *****
>> eine Niederspannung MIT Neutralleiter zu erhalten.

> Nö, das schafft ein einfacher Dyn auch.

Aber kein Yy0 (Oberspannungsseite im Stern, ohne "n"):

https://bre-trafo.de/produkte/dreiphasen-transformatoren/info-schaltungen-und-schaltgruppen/

Dyn5 und der (selten verwendete) YNyn0 haben ja unterschiedliche 
Phasenlage.

von hinz (Gast)


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Gerader Ast schrieb:
> Die Frage richtet sich ob es halt einen Standard gibt ab wann das
> Erdkabel mit den drei Leitern die Namen L1/L2/L3 erhält und ob diese
> getauscht werden können.

Das legt zunächst der Netzbetreiber für sein Netz fest. Ab 
Hausanschlusskasten (vulgo Panzersicherung) kann es dann neu definiert 
werden, es soll lediglich am Zähler ein Rechtsdrehfeld sein.

von Sven L. (sven_rvbg)


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Im Netzbetrieb 10/20kV / 0,4kV sind Umspanner mit der Schaltgruppe Dyn 
eig. Standard.

Wie es in der Hochspannung zu Mittelspannung aussieht weiß ich nicht, 
aber auch dort wird wohl Stern aus der Unterspannungsseite kommen, wenn 
man ein gelöschtes Netz betreiben will.

Was soll es bringen, bei einem Umspanner im Ortsnetzbereich auf der 
Oberspannungsseite den Sternpunkt nach außen zu führen?

von Stephan I. (steph77)


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Gerader Ast schrieb:
> Hast du da mehr Infos? Werden die Wallboxen an Drehstrom angeschlossen
> und ziehen trotzdem nur Strom von einer Phase? Und tauscht der
> Hersteller dann die Leiter in der Wallbox, oder muß das der Installateur
> beim Anschließen mache

Das Problem sind nicht die Wallboxen, sondern die Autos mit nur einem 
ein Phasigem bzw. zwei Phasigen Ladegerät. Die soweit mir bekannt immer 
auf L1 bzw. L1& L2 sind.

von Joergk (Gast)


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Elektrofan schrieb:
> Aber kein Yy0 (Oberspannungsseite im Stern, ohne "n"):
> 
https://bre-trafo.de/produkte/dreiphasen-transformatoren/info-schaltungen-und-schaltgruppen/
> Dyn5 und der (selten verwendete) YNyn0 haben ja unterschiedliche
> Phasenlage.

Die Umspanner im UW von 110kV auf 10/20kV sind Yyn (N offen, verdrosselt 
oder hart geerdet, je nach Netzform) und verdauen daher keine Schieflast 
- müssen sie aber auch nicht, da im MS-netz durch den Einsatz von Dyn 
20/0,4kV keine nennenswerte Schieflast mehr ankommt.

Jörg

von Helge (Gast)


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hinz schrieb:
> Und weshalb sollte der nicht wie üblich nur mit 230V betriebene
> Komponenten enthalten?
Zwischenspannung 560V. Anschluss L1-L3 + PE.

von hinz (Gast)


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Helge schrieb:
> hinz schrieb:
>> Und weshalb sollte der nicht wie üblich nur mit 230V betriebene
>> Komponenten enthalten?
> Zwischenspannung 560V. Anschluss L1-L3 + PE.

Gastromnomiegerät.

Beitrag #6642525 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Hubert M. (hm-electric)


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Das war doch immer schon so, dass L1 (oder L2/L3, das ist sowas von 
egal) zwei Kochplatten angeschlossen sind, an L2 wieder zwei 
Kochplatten, und an L3 die Backröhre. Und es ist weiterhin so, nur dass 
man halt heutzutage gerne der Backofen und Kochfeld getrennt hat...

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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So schlimm ist das mit der Schieflast nun wieder auch nicht.

In Frankreich z.B. wo die TGV-Schnellfahrstrecken mit 25kV/50Hz 
betrieben werden, spart man sich die Umrichterwerke, die wir hierzulande 
bei 15kV/16,7Hz vielerorts haben. Da sind die Strecken mit einfachen 
Einphasentrafos direkt zwischen zwei Phasen angeschlossen (400kV oder 
230kV Netz), alle vielleicht 70..100km wird das gewechselt, aber erzeugt 
lokal trotzdem ordentlich Schieflast auf der speisenden Leitung.

von hinz (Gast)


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Ben B. schrieb:
> alle vielleicht 70..100km

Die "sous stations de traction" sind nicht so weit auseinander. 60km 
kommen mal vor, aber nicht auf den >=300km/h Strecken.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Dann lagen wir beide mit unseren Schätzungen leicht daneben. Zwischen 
Trois Domaines und Cuperly sind es knapp 62km.

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


Angehängte Dateien:

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Ben B. schrieb:
> Dann lagen wir beide mit unseren Schätzungen leicht daneben.
> Zwischen
> Trois Domaines und Cuperly sind es knapp 62km.

Tatsache, es sind meist knapp über 60km.

von Elektrofan (Gast)


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>> Trois Domaines und Cuperly sind es knapp 62km.

> Tatsache, es sind meist knapp über 60km.

Ich lernte mal, dass bei der Unterwerksabstand bei
15 kV / 16,7 Hz  und  25 kV / 50 Hz  ähnlich ist.

Die höhere Frequenz gleicht den Vorteil höherer Spannung
in etwa aus (Leitungsinduktivität). >>
Die 60 km kommen schon ungefähr hin.

von hinz (Gast)


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Elektrofan schrieb:
>>> Trois Domaines und Cuperly sind es knapp 62km.
>
>> Tatsache, es sind meist knapp über 60km.
>
> Ich lernte mal, dass bei der Unterwerksabstand bei
> 15 kV / 16,7 Hz  und  25 kV / 50 Hz  ähnlich ist.
>
> Die höhere Frequenz gleicht den Vorteil höherer Spannung
> in etwa aus (Leitungsinduktivität). >>
> Die 60 km kommen schon ungefähr hin.

Es geht dabei nicht um den Induktivitätsbelag.

https://de.wikipedia.org/wiki/Skin-Effekt

von Elektrofan (Gast)


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> Es geht dabei nicht um den Induktivitätsbelag.

In dem Buch, dass ich damals vorliegen hatte, war die Induktivität
explizit als Begründung angegeben. -
Ist auch egal, warum beim TGV (bzw. ICE3) ggf. zuwenig Spannung
ankommt.

von hinz (Gast)


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Elektrofan schrieb:
> In dem Buch, dass ich damals vorliegen hatte, war die Induktivität
> explizit als Begründung angegeben. -

Auch Bücher können Unsinn enthalten.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Heutigen modernen Triebfahrzeugen ist ziemlich egal, was aus dem 
Fahrdraht kommt, es gibt Lokomotiven, die unter allen vier üblichen 
Bahnstromsystemen fahren können (25kv/50Hz, 15kV/16,7Hz, 3kV DC und 
1,5kV DC). Unter Gleichstrom werden allerdings die Ströme schon so hoch, 
daß man teilweise mit zwei Stromabnehmern fahren muß oder nicht mehr die 
volle Leistung der Lok nutzen kann.

Wie die Technik genau aufgebaut ist weiß ich nicht für jedes 
Triebfahrzeug, vor allem nicht für die Gleichstromtechnik. Da gibts so 
viele Möglichkeiten was da alles gebaut wurde. Bei modernen 
Wechselstromfahrzeugen hat man einfach einen Haupttransformator, dessen 
Hochspannungswicklung für 25kV eine Anzapfung für 15kV besitzt und 
dessen Kern auch bei 16,7Hz noch nicht sättigt. Als Unterspannung kommen 
dann so 1000..1200..1500V für die Traktionsumrichter und Fahrmotoren 
wieder raus (plus einige Hilfsspannungen, z.B. 1kV Zugsammelschiene). 
Bei älteren Wechselstrom-Triebfahrzeugen wird die Traktionsleistung 
mittels Trafoumschaltung auf der Hochspannungsseite realisiert. Deren 
Reihenschlussmaschinen sind auch der Grund für die 16,7Hz. Sie sind zwar 
durch ihr hohes Drehmoment aus dem Stand der optimale Fahrmotor, aber 
man hatte Probleme, das Bürstenfeuer bei so großen Motoren über einen so 
weiten Drehzahlbereich, evtl. noch mit Feldschwächebetrieb in den Griff 
zu bekommen wenn diese mit 50Hz Wechselstrom betrieben wurden. Die 
Lösung sind die 16,7 (früher 16 2/3) Hz, diese Loks könnten somit auch 
mit geändertem Trafo nicht auf 25kV/50Hz Strecken fahren.

Auf unseren 15kV-Strecken stehen die Unterwerke deutlich dichter 
zusammen als 60km. Also auf der SFS Frankfurt-Köln als Extrembeispiel 
etwa alle 20..25km. Auf normalen Strecken dürfte es auch mal das 
doppelte sein. Unsere Strecken sind aber auch höher ausgelastet, die 
Schnellfahrstrecken im Ausland sind meistens exklusiv für den 
Personenverkehr, während sich hier alles das Netz teilt und auf vielen 
SFS vor allem Nachts auch Güter gefahren werden. So kommt übrigens auch 
die bessere Pünktlichkeit von Personenzügen im Ausland zustande, die 
Züge haben ihr eigenes Hochgeschwindigkeitsnetz und müssen sich das 
nicht mit dem Regionalverkehr oder Güterzügen teilen.

Ich persönlich finde die 15kV/16,7Hz Variante am besten, bzw. genauer, 
wenn die Bahn ihr eigenes Netz besitzt und es somit keine große 
Wechselwirkung mit dem Drehstromnetz gibt. Allerdings weicht man immer 
mehr davon ab und stellt Umrichterwerke an die Strecken, die aus dem 
110kV Drehstromnetz direkt in den 15kV Fahrdraht einspeisen. Diese 
Umrichterwerke belasten alle drei Phasen des Drehstromnetzes gleich. 
Früher wurde das mit rotierenden Umformern gemacht, die aber nach und 
nach alle ersetzt werden. Mittels Autotransformatorsystemen kann man 
Reichweite der direkt auf 15kV speisenden Umrichterwerke auch 
beträchtlich erhöhen (etwa 95km zwischen Greifswald und Prenzlau werden 
mit solcher Technik komplett von Prenzlau aus versorgt).
  Ich glaube wenn die Altfahrzeuge mit Reihenschlussmotoren alle 
ausgemustert sind, wird man irgendwann auf 15kV/50Hz oder 25kV/50Hz 
umstellen und dann liegen solche Großverbraucher auch hierzulande nur 
noch zwischen zwei Phasen des Drehstromnetzes. Nicht weil das besser 
ist, sondern weil es so viel einfacher und billiger ist, als ein eigenes 
Einphasen-Wechselstromnetz zu unterhalten.

Wahrscheinlich stellt das kein Problem dar, verglichen mit anderen 
Ländern hat Deutschland ein sehr gut ausgebautes Höchstspannungsnetz 
(nur das 110kV-Hochspannungsnetz wurde etwas weit ausgedünnt, da werden 
sich die EVUs noch wundern bzw. sie haben bereits damit angefangen und 
müssen immer mehr Stützstellen aus dem Höchstspannungsnetz aufbauen). Ob 
es dann Rückwirkungen durch die erzeugte Schieflast gibt wird man sehen, 
aber scheint nicht so schlimm zu sein wenn es in anderen Ländern 
funktioniert, die kein so gutes Stromnetz haben.

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