Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Röhrennetzteil mit ohne Gleichrichter (wir hatten ja nix)


von Marek N. (Gast)



Lesenswert?

Moin,

[PROLOG]
Eigentlich suchte ich nach Schaltunterlagen zu meinem ersten selbst 
gebauten Labornetzteil, das ich als Teenager vor ziemlich genau 25 
Jahren aus der polnischen Elektronik-Zeitschrift "Elektronika dla 
Wszystkich" (Elektronik für alle) unter dem Titel "Zasilacz amatorski" 
(Amateur-Netzteil) mehr schlecht als recht nachgebaut hatte. Das war 
glaube ich mein erster explodierter Elko - so eine Sauerei muss man mal 
gesehen haben! ;-)
Jedenfalls existiert die Zeitschrift bis heute (auch wenn ich sie nicht 
mehr abonniere, jedoch ein Digital-Abo wieder in Erwägung ziehe) und 
unterhält unter [1] ein reichhaltiges Archiv der Artikel zum freien 
Download mit dem treffenden Namen  "Kopalnia Skarbów" (Schatzgrube) [2].
Dort fand ich dann auch problemlos die gesuchten Schaltunterlagen. [3], 
[4]
[/PROLOG]

Jedenfalls bin ich auf der Suche nach dem Begriff "Zasilacz amatorski" 
auch auf einen -- aus meiner Sicht -- interessanten Artikel [5] in der 
polnischen Jugend-Technik-Zeitschrift "Młody Technik" (Junger Techniker, 
existiert ebenfalls bis heute [6]) in der Ausgabe 1966-02 gestoßen, das 
ein einfaches Röhrennetzteil beschreibt, das ich euch hier vorstellen 
und zur Diskussion stellen möchte.

Die Schaltung ist minimalistisch und verwendet sowohl zur 
Gleichrichtung, als auch als Stellglied das selbe Röhrensystem.

Die Zweckentfremdung einer Steuergitter-Röhre als Netzgleichrichter ist 
spätestens seit der Nachkriegszeit mit dem massenweise Anfall von 
RV12P2000 als Notlösung dokumentiert [7a-b], [8], aber hier ist man noch 
einen Schritt weiter gegangen.

Hier macht man sich die Funktion des Steuergitters zu Nutze, den 
gleichgerichteten Kathodenstrom zu begrenzen durch entsprechende 
Vorspannung am g1.
Ein Verfahren, wie es auch später(?) bei Thyratrons [9] oder Thyristoren 
der Fall war in abgewandelter Form nämlich im Schaltbetrieb, statt 
Linearbetrieb.

Dabei werden verschiedene Konzepte vorgestellt: Einweg- und 
Zweiweg-Gleichrichter mit (Doppel-)Trioden und Pentoden.

Ulkig und elegant zugleich der Selbstbau eines "Stereo"-Potis aus zwei 
einzelnen Potis und zurechtgebogenen Blechen. Man darf nicht vergessen: 
Im kommunistischen Polen der 60-er gab es in den meisten Haushalten noch 
nicht mal ein Fahrrad, geschweige denn einen Fernseher (wir hatten bis 
Mitte der 80-er noch noch eine SW-Kiste mit P-Bestückung, bei Großeltern 
haben sich diese Ungetüme bis Anfang der 90-er gehalten.)
Da war man froh, wenn man überhaupt ein paar Teile zum Basteln 
organisieren konnte.

Anzumerken sei noch dass der poln. Begriff "regulowany" eher als 
einstellbar zu übersetzten ist, während eine echte Regelung im Sinne 
einer Gegenkopplung eher als "stabilizowany" zu übersetzen wäre. Vgl. 
auch den umgangssprachlichen Lautstärke-"Regler".

Klar, von so einer einfachen Schaltung darf man keine Wunder erwarten, 
aber als einfaches Experimentier-Netzteil oder als "Netzanode" hätte es 
schon seinen Reiz.
Hier kullern noch einige EL84 rum und ein alter Radiotrafo und 
Doppel-Elkos sollten sich auch problemlos auftreiben lassen trotz 
ausgefallener Flohmärkte...


Konkrete Fragen:
* Existrierte im "Westen" eine ähnliche Schaltung? Hatte sie sogar einen 
eigenen Namen?
* Existierten im Westen ebenfalls solche Jugend-Technik-Zeitschriften? 
Im Nachbarthread Beitrag "Empfehlung Elektronik-Baukasten für Kind 8 Jahre" werden ja 
gerade die Kindheitserinnerungen an Experimentierkästen aufgewärmt.
* Würde sich eine konventionelle Leuchtstofflampen-Drossel als 
Siebdrossel eignen? Evtl. mit reingesägtem Luftspalt? Auch hier 
Beitrag "Alternativverwendung für Leuchtstoffröhrendrossel?" wird nach einer 
Alternativverwendung gesucht.

Schönen Auftakt ins WE!

Beste Grüße, Marek

[1] https://edw.elportal.pl/
[2] https://edw.elportal.pl/kopalnia-skarbow/
[3] https://edw.elportal.pl/pdf/k04/02_11.pdf
[4] https://edw.elportal.pl/pdf/k04/03_16.pdf
[5] https://mlodytechnik.pl/files/aoj/66-mt-02-amatorski_zasilacz.pdf
[6] https://mlodytechnik.pl/
[7a] 
https://archive.org/details/GHeineURWollenschlaegerRV12P2000UndAndereSpezialroehren/mode/2up
[7b] https://nvhrbiblio.nl/biblio/boek/Heine%20-%20RV12P2000.pdf
[8] 
http://lucafusari.altervista.org/page17/files/Verwendung%20RV12P2000_RW.pdf
[9] https://www.rainers-elektronikpage.de/versuche-pl21 (Link z.Z. 
offline)

von Mohandes H. (Firma: مهندس) (mohandes)


Angehängte Dateien:

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Marek N. schrieb:

Interessante Einblicke.

> Hier macht man sich die Funktion des Steuergitters zu Nutze, den
> gleichgerichteten Kathodenstrom zu begrenzen durch entsprechende
> Vorspannung am g1.

Spontan fällt mir nur das Blaupunkt LV17 ein, wo auch besagte Pentode 
RV12P2000 (alternativ zum VY5) als Gleichrichter geschaltet war: 
Triodenschaltung und G1 mit 5k gegen Masse. Schaltungen dieser Röhre als 
'normaler' Gleichrichter gibt es viele.

> Existrierte im "Westen" eine ähnliche Schaltung?

In der Nachkriegszeit war überall Mangel. Da wurde die RV12P2000, weil 
zahlreich vorhanden, ja viel außerhalb ihres Einsatzgebietes verwendet. 
Auch als (Not-) Gleichrichter. Es gab auch Applikationsschriften wo 
solche Anwendungen vorgeschlagen wurden.

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