Forum: Offtopic Entladung Kondensator und Körperdurchströmung


von Rudi L. (rudi1)


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Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zum Verständnis: "Warum spricht man von einer 
Körperdurchströmung bei Kontakt mit einem aufgeladenem Kondensator 
(Elko)?"
Die  Frage wurde in ähnlicher Weise hier und da schon diskutiert. Seid 
mir bitte nicht nachtragend, wenn ich es nochmal aufgreife.
Mit hier und da meine ich diese Beiträge:

Beitrag "Gefahr Kondensator"
Beitrag "Re: Gefährlichkeit eines geladenen Kondensators aus physikalischer Sicht"
Beitrag "Lebensgefahr bei Hochspannungskondensator?"

Annahme:
A: Ich fasse an einem Pol des Kondensators.
B: ich überbrücke die beiden Kontakte durch Extremitäten (Finger, Hand)

Oft wird die Strom-Zeitkennlinie *(DIN VDE 0140-479-1)* herangeführt um 
über das Ausmaß des Schadens beurteilen zu können (Herzkammerflimmern, 
Atemnot usw.)
Hierzu liest man dann auch noch von Werten für den Körperwiderstand von 
ca. 1kOhm. (z.B. Hand zu beiden Füßen 750 Ohm)
Aber wie soll sich der Kondensator über den Körper entladen? Selbst wenn 
der Boden auf dem man steht ein anderes Potential hat - als die Ladung 
des Kondensator - so wird doch kein Strom fließen können, oder?

Fall B: ist nachvollziehbar, da wird es wohl je nach Höhe der Ladung 
kurzzeitig weh tun und eventuell bleibt eine Strommarke als Erinnerung.

Unter welcher Annahme (A/B) spricht man also von einer 
Körperdurchströmung?

Bedanke mich bereits im Voraus für Eure Beiträge.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Rudi L. schrieb:
> Unter welcher Annahme (A/B) spricht man also von einer
> Körperdurchströmung?
>
> Bedanke mich bereits im Voraus für Eure Beiträge.

Na dann brücke mal einen HV-Kondensator mit der linken und rechten Hand 
. . .

von Georg M. (g_m)


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High voltage capacitor bank vs watermelon

https://www.youtube.com/watch?v=gj1pkyCL75E

von Jeffrey L. (the_dude)


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Ich glaube er meint mit Annahme A, dass er nur einen Pol des Elkos 
berührt. Ähnlich wie ein Vogel auf der Stromleitung.

 Wenn Du den anderen Pol nicht berührst und der auch nur einfach so in 
der Luft hängt ohne irgendwo angeschlossen zu sein, passiert auch 
nichts.
Wir erinnern uns, ein Stromkreis muss geschlossen sein damit Strom 
fließen kann...

Doof, wenn Du einen Pol berührst und der andere Pol Erdkontakt hat. Dann 
spührst Du es logischer Weise, und dann hast Du auch Deine 
Körperdurchströmung. Es gab mal das 1-Mega-Ohm-Modell für jede 
Extremität, ob das noch aktuell ist? keine Ahnung!
Unangenehm wird es eben ab 30mA.

Wenn Du mit dem selben Finger beide Pole berührst, schließt Deine Haut 
die Kontakte Kurz, dann kannst Du (auf die kurze Entfernung) auch nicht 
mehr mit dem Körpermodell rechnen. Das sind dann (je nach Hautfeuchte) 
weniger als 100ohm - das tut dann richtig weh...

von Rudi L. (rudi1)


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Jeffrey L. schrieb:
> Ich glaube er meint mit Annahme A, dass er nur einen Pol des Elkos
> berührt. Ähnlich wie ein Vogel auf der Stromleitung.

Genau, man fasst versehentlich sekundärseitig an einem Pol des Elkos 
(z.B. 56µF @325V) in einem Schaltnetzteil (primärseitig vorher getrennt 
natürlich!).

Falk B. schrieb
> Na dann brücke mal einen HV-Kondensator mit der linken und rechten Hand
. . .
das wäre tatsächlich Leichtsinn, wobei man an dieser Stelle mit einem 
Stromfaktor von 0,4 rechnet. Von linker Hand zu Füßen wäre anscheinend 
noch schlimmer (vorausgesetzt es kann tatsächlich Strom fließen).

Also die alte Ausbilderregel besagt: "lass die eine Hand schön in der 
Hosentasche!" 😊

von Uwe (neuexxer)


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Zwei Erfahrungen mit geladenen Kondensatoren, die ich schon
von vor ca. 50 J., wie folgt, machte:

1. Einen auf Netzspannungs-Scheitelwert geladenen
   1 µF-Folienkondensator spürt man "gut" (Energie ca. 0,05 Ws).

2. Einen erst auf 311 V (heute wären's 325 V) aufgeladenen,
   dann satt kurzgeschlossenen(!),
   dann einige Zeit offen gelassenen
   Elektrolyt-Kondensator mit 100 µF
   spürt man noch "besser".
   Bei einem solchen Kondensator (aus Röhrenradio) stieg durch diesen
   Nachladeeffekt (Relaxation) die Spannung auf 50 V an
   (Energie also ca. 0,13 Ws).

   https://de.wikipedia.org/wiki/Dielektrische_Absorption

von Falk B. (falk)


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Jeffrey L. schrieb:
> Ich glaube er meint mit Annahme A, dass er nur einen Pol des Elkos
> berührt. Ähnlich wie ein Vogel auf der Stromleitung.

Ich hab vor ein paar Wochen den Test B mit einer Hand gemacht. In einem 
Gerät war ein Verdrahtungsfehler, dadurch war ein 3300uF Elko noch auf 
irgendwas um die 300V aufgeladen. Netzstecker raus, aufschrauben, ein 
Kabel abziehen. AAAAAAAUHHHHH, wer beißt mich denn da? Nochmal alle 
Kabel geprüft, alles abgezogen, nochmal am Kabel (SMB-Stecker) angefaßt, 
ahhhhh, wieder gebissen. Das was "nur" ein Kurzschluß zwischen zwei 
Fingern, aber der ganze Unterarm hat gezuckt!

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich glaube an dieser Stelle ist ein nett gemeinter Hinweis an mitlesende 
Kinder angebracht:

Bitte nicht zuhause nachmachen, ein auf 300V geladener 3300µF Elko kann 
euch ziemlich tödlich umbringen und dann ist Mutti traurig.

von Harald W. (wilhelms)


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Jeffrey L. schrieb:

> Ich glaube er meint mit Annahme A, dass er nur einen Pol des Elkos
> berührt. Ähnlich wie ein Vogel auf der Stromleitung.

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, das sich Vögel gern auf
Stromleitungen setzen. Zumindest bei Hochspannungsleitungen
sitzen die normalerweise nur auf der Erdleitung.

von Ingolf G. (frosch)


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Harald W. schrieb:
> Zumindest bei Hochspannungsleitungen
> sitzen die normalerweise nur auf der Erdleitung

Ich dachte immer die würden sich dort die Füsse (Krallen) wärmen.
Und woher wissen die was die Erdleitung ist?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Vögel sitzen auch auf spannungsführenden Drähten, solange die nicht zu 
heiß sind.

Allerdings fangen sie ab etwa 110kV aufwärts an, die parasitären 
(kapazitiven) Ströme zu spüren und setzen sich daher nicht auf die 
Leiterseile von Höchstspannungsanlagen, auch wenn sie davon nicht 
getötet werden. Im 380kV Höchstspannungsnetz werden oft auch wirklich 
hohe Temperaturen der Leiterseile in Kauf genommen (gibt extra 
Hochtemperaturseile dafür, sie sich weniger stark ausdehnen als ältere 
normale Leiterseile) und das mögen sie natürlich auch nicht.

Wusstet ihr eigentlich, daß Raben weiß geboren werden? Erst wenn sie 
sich zum ersten Mal auf eine Hochspannungsleitung gesetzt haben, macht's 
puff und sie werden schwarz.

von Ingolf G. (frosch)


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Ben B. schrieb:
> Wusstet ihr eigentlich, daß Raben weiß geboren werden? Erst wenn sie
> sich zum ersten Mal auf eine Hochspannungsleitung gesetzt haben, macht's
> puff und sie werden schwarz.

Uaaaahhhh, DER ist gut!  :D

von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Ingolf G. schrieb:
> Ben B. schrieb:
>> Wusstet ihr eigentlich, daß Raben weiß geboren werden? Erst wenn sie
>> sich zum ersten Mal auf eine Hochspannungsleitung gesetzt haben, macht's
>> puff und sie werden schwarz.
>
> Uaaaahhhh, DER ist gut!  :D

Doch, fand ich auch. Spaß muss sein. +1

Bei diesem Thread-Thema "Entladung Kondensator und Körperdurchströmung" 
muss ich unwillkürlich an den fetten Kondi von Mikrowellen mit Magnetron 
denken.

Rund 1µF und 2.000 Volt. Lebensgefahr.

von Uwe (neuexxer)


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> Zumindest bei Hochspannungsleitungen
> sitzen die (Vögel) normalerweise nur auf der Erdleitung.

Eventuell (auch) deshalb, weil das Erdseil oben ist und daher besser
Überblick möglich ist?

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