Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trafo mit Rechteckspannung betreiben?


von Marie S. (marie_s)


Lesenswert?

Ich habe mal eine rein theoretische Frage wenn man einen 230V Trafo an 
der Primärseite statt mit einem Sinus mit einer Rechteck Wechselspannung 
gleicher Höhe betreiben möchte. Würde es da reichen mit der Frequenz 
einfach etwas höher zu gehen z.B. 50 mal 1,41 = 71 Hz.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Marie S. schrieb:
> Ich habe mal eine rein theoretische Frage wenn man einen 230V Trafo an
> der Primärseite statt mit einem Sinus mit einer Rechteck Wechselspannung
> gleicher Höhe betreiben möchte. Würde es da reichen mit der Frequenz
> einfach etwas höher zu gehen z.B. 50 mal 1,41 = 71 Hz.

So in etwas. Siehe Transformatoren und Spulen.

von Karl B. (gustav)


Lesenswert?

Nein

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Allerdings zählt nicht der Effektivwert, sondern der 
Gleichrichtmittelwert, d.h. man muss nochmal Faktor 1,1 höher gehen.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Karl B. schrieb:
> Nein

Begründung?

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Marie S. schrieb:
> Wechselspannung gleicher Höhe betreiben möchte. Würde es da reichen mit
> der Frequenz einfach etwas höher zu gehen

Relevant ist das Spannungs-Zeit-Fenster, wenn die Fläche unter der 
Spannungskurve maximal genau so gross ist wie unter dem Sinus, geht der 
Trafo (noch) nicht in Sättigung, ist also verwendbar.

Wenn du statt 230V~ Sinus ein 230V Rechteck anlegst musst du also nach 
9.09ms aufhören, legst du 325V an nach 6.43ms was 77Hz entspricht.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Marie S. schrieb:
> Würde es da reichen mit der Frequenz
> einfach etwas höher zu gehen z.B. 50 mal 1,41 = 71 Hz.

Im Prinzip ja, aber der Faktor ist nicht sqrt(2), sondern Pi/2, sofern 
man unter "Höhe" die Amplitude versteht.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Alternativ halt 50Hz und geringere Spannung.

von Marie S. (marie_s)


Lesenswert?

also wenn ichs über die Frequenz mache

50 x 3,14 /2 = 79 Hz

und über die Spannung

230 / 1,41 = 163V / 1,1 = 148 V

und ansonsten Stromkurve aufnehmen um festzustellen, wann die Sättigung 
eintritt (Knick in der Stromkurve / überproportionaler Stromanstieg) und 
dann etwas unter dieser Zeit bleiben.

von Andrew T. (marsufant)


Lesenswert?

Marie S. schrieb:
>
> und ansonsten Stromkurve aufnehmen um festzustellen, wann die Sättigung
> eintritt (Knick in der Stromkurve / überproportionaler Stromanstieg) und
> dann etwas unter dieser Zeit bleiben.

Ja, das ist der direkt Weg um es zu überprüfen.

von Marie S. (marie_s)


Lesenswert?

ok also vielen Dank an alle.

von Carypt C. (carypt)


Lesenswert?

die übertragene leistung bei höherer frequenz im rechteck ist doch aber 
trotzdem viel größer und für den trafo nicht geeignet, oder ? wegen der 
gleichen fläche unter den sinus-spannung würde man doch die 
rechteck-spannung absenken, um bei gleicher rechteck-frequenz die 
gleiche leistung zu übertragen. so wäre mein bauchgefühl. wollte man die 
gleiche sinusleistung im rechteck bei gleicher spannung, wäre das eine 
(pulsweiten-modulierte) rechteckwechselspannung mit unterschiedlicher 
puls- zu pausenlänge. deswegen wäre doch die angabe einer 
rechteckspannungsfrequenz irreführend. oder ?

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Carypt C. schrieb:
> die übertragene leistung bei höherer frequenz im rechteck ist doch aber
> trotzdem viel größer und für den trafo nicht geeignet, oder ?

Oder!

von Karl B. (gustav)


Lesenswert?

Mit Fourieranlyse den tatsächlich verwendeten Rechteck in seine 
Sinus-Bestandteile zerlegen und dann damit rechnen.

ciao
gustav

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Karl B. schrieb:
> Mit Fourieranlyse den tatsächlich verwendeten Rechteck in seine
> Sinus-Bestandteile zerlegen und dann damit rechnen.

Ja. Umständlicher geht es kaum. Aber Hauptsache schön geschwätzt!

von Marie S. (marie_s)


Lesenswert?

so habe ich das auch gemeint, wenn man eine Rechteckspannung verwenden, 
dann entweder eine niedrigere Spannung oder eben kürzer anlegen (durch 
die höhere Frequenz)

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

Marie S. schrieb:
> Würde es da reichen mit der Frequenz
> einfach etwas höher zu gehen z.B. 50 mal 1,41 = 71 Hz.

Einfach?
Frag mal deinen Energieversorger, ob das einfach ist.
Die Fliehkräfte steigen mit dem Quadrat der Drehzahl des Generators.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Hp M. schrieb:

> Einfach?
> Frag mal deinen Energieversorger, ob das einfach ist.
> Die Fliehkräfte steigen mit dem Quadrat der Drehzahl des Generators.

Nunja, zumindest gibt es in Amerika keine grösseren Probleme mit der
um 20% höheren Frequenz. :-) Man sollte natürlich beachten, das die
Wirbelstromverluste mit der Frequenz ansteigen.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

Harald W. schrieb:
> Nunja, zumindest gibt es in Amerika keine grösseren Probleme mit der
> um 20% höheren Frequenz. :-)

Auch dort wird man nicht "einfach" mal derartig an der Frequenz drehen 
können.
Nicht nur, dass viele netzsynchrone Uhren dann falsch gehen würden, auch 
die meisten Schaltungen zur Blindstromkompensation würden wohl nicht 
mehr funktionieren.

Ein Bekannter, der nach Brasilien ausgewandert ist (60Hz Netzfrequenz), 
hat berichtet, dass seine deutsche Waschmaschine dort komplett gestreikt 
hat.
  Irgendwie war wohl der eingebaute µC mit den neuen Verhältnissen nicht 
einverstanden. Einen Umbausatz auf 60Hz gab es nicht, obwohl der 
Hersteller, auch von Lufthaken, doch international tätig ist.

von Rainer W. (rawi)


Lesenswert?

Hp M. schrieb:
> Frag mal deinen Energieversorger, ob das einfach ist.

Der Energieversorger wird schon daran scheitern, ein Rechteck an die 
Steckdose zu liefern. Die 71Hz sind dann nur das Tüpfelchen auf dem "i" 
;-)

von Carypt C. (carypt)


Lesenswert?

ja, entschuldige bitte, ich bin nicht vom fach, und versuche es nur 
nebenbei zum lernen, und stell halt blöde fragen dann.

nochmal gelesen, michael sagt, wenn die fläche unter der 
(rechteck-)spannungskurve der fläche unter der sinuskurve entspricht, 
ginge der trafo nicht in sättigung, wäre verwendbar.

der formfaktor der sinuskurve ist der 1.11-fache der rechteckkurve 
(formfaktor 1), was bedeutet die spannung der rechteckkurve darf nur 
sein bspw 230V~/1,11 = 207V. oder aber das tastverhältnis der 
rechteckspannung muß geändert werden zu mehr pause.

der trafo ist also für (230*2^0.5)/(2/pi)=207V rechteckwechselspannug 
ausgelegt. dann muß ich, wenn ich 230V rechteckwechselspannung bei 50hz 
nehmen will, ein tastverhältnis von 18msec phase auf 20msec gesamtdauer 
anwenden. also 2mal (9msec 230V rechteckwechselspannungspuls gefolgt von 
1msec pause) innerhalb von 20ms(50Hz).

so hab ich mir das ausgewürfelt, müßte eigentlich, aber ich bin ja nicht 
unfehlbar.

einfach die frequenz erzuhöhen oder verringern geht bei scheitelspannung 
230V rechteck nicht, das würde dem trafo eine andere leistung abfordern, 
ob ihn das überlastet weiß ich nicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Effektivwert
https://de.wikipedia.org/wiki/Formfaktor_(Elektrotechnik)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichrichtwert

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


Lesenswert?


von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Carypt C. schrieb:
> einfach die frequenz erzuhöhen oder verringern geht bei scheitelspannung
> 230V rechteck nicht, das würde dem trafo eine andere leistung abfordern,
> ob ihn das überlastet weiß ich nicht.

Ja, ein bisschen darfst du schon, so ein 50Hz Trafo geht auch bei 60Hz 
oder 80Hz.

Mit der Leistung hat das nicht direkt was zu tun, die Sättigung tritt ja 
ganz ohne Belastung auf, sie ist ja der Leerlaufstrom durch den Trafo, 
und da stört es ja nicht wenn der wegen höherer Frequenz geringer wird. 
Zusätzlich zum Leerlaufstrom fliesst allerdings der sekundäre Laststrom, 
zurückgerechnet auf die primäre Seite, und das bleibt gleich bei 
gleicher Belastung, und erzeugt auch dieselben Verluste im Draht auch 
bei (moderat -> skin-effekt) höherer Frequenz.

Was aber stört wenn man die Frequenz deutlich höher schraubt, sind die 
Kernverluste. Dabei gibt es Ummagnetisierungsverluste pro Sinuswelle die 
aber bei doppelter Frequenz in derselben Wicklung und Spannung halb so 
hoch sind, also nicht steigen weil die Fläche unter dem Sinus in Summe 
pro Sekunde gleich bleibt, und die Eddy-Current Wirbelströme im 
Trafoblech die dünneres Blech erfordern würden, die deutlich steigen, 
daher Ferritkerne bei Kilohertz und Dünnblech bei 400Hz Flugzeugtrafos.

Damit derselbe Trafo bei höherer Frequenz mehr Energie transportieren 
kann, muss man ihn im Endeffekt umwickeln, weniger Windungen ergeben 
geringere aber für die höhere Frequenz ausreichende Induktivität und der 
kürzere dickere Draht ergibt deutlich weniger Kupferverluste, daher 
verträgt er mehr Laststrom (bei gleicher Spannung).

von Chris K. (kathe)


Lesenswert?

Auch wenn die Frage offtopic ist.
Wer will sich das mit den Oberwellen freiwillig antun?

von Εrnst B. (ernst)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Chris K. schrieb:
> Wer will sich das mit den Oberwellen freiwillig antun?

Schau dir mal an was diese "modifizierter Sinus"-Wechselrichter so 
machen...
Da läuft auch ein mehr oder weniger rechteckiges Signal in den Trafo, 
die schlimmsten Oberwellen bleiben im Trafoblech...

Bild von hier:

Beitrag "Billig-Wechselrichter an induktiver last"

von Marco K. (fuerst-rene)


Lesenswert?

Εrnst B. schrieb:
> Schau dir mal an was diese "modifizierter Sinus"-Wechselrichter so
> machen...

Genau das ist der Tod von 90% aller geräte die damit betrieben werden.
Der Trafo wir da schnarren und rumhüpfen, auch wenn er gut befestigt ist 
und deine Elektronik dahinter bekommt von dem ganzen so viel Oberwellen 
und schrott bis der Trafo nicht mehr kann.

Dafür gibt es Schaltnetzteile die Hacken auch aber bei viel mehr 
schwingungen (100KHz) da geht das dann.

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


Lesenswert?

Εrnst B. schrieb:

> Schau dir mal an was diese "modifizierter Sinus"-Wechselrichter so
> machen...
> Da läuft auch ein mehr oder weniger rechteckiges Signal in den Trafo,
> die schlimmsten Oberwellen bleiben im Trafoblech...

...vor allem weist ein Rechtecksignal mit 120° breiten Blöcken keine 
dritte Oberschwingung (und deren Vielfache) auf. D.h. nur 5., 7., 11., 
13, usw. sind vorhanden.

Grüßle,
Volker

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Εrnst B. schrieb:

> Schau dir mal an was diese "modifizierter Sinus"-Wechselrichter so
> machen...

Nun, ein solcher modifizierter Sinus hat immerhin das gleiche
Verhältnis von Effektiv- zu Spitzenspannung wie ein "echter"
Sinus, was ein deutlicher Vorteil gegenüber reinen Rechteck-
Wechselrichtern darstellt.

von Thomas R. (thomasr)


Lesenswert?

Hp M. schrieb:
>
> Ein Bekannter, der nach Brasilien ausgewandert ist (60Hz Netzfrequenz),
> hat berichtet, dass seine deutsche Waschmaschine dort komplett gestreikt
> hat.
>   Irgendwie war wohl der eingebaute µC mit den neuen Verhältnissen nicht
> einverstanden. Einen Umbausatz auf 60Hz gab es nicht, obwohl der
> Hersteller, auch von Lufthaken, doch international tätig ist.

Witzig, genau das hatte ich mit einer nagelneuen Siemens WaMa schon 1992 
erlebt. Extra für die Umsiedlung nach USA OHNE jede Elektronik bestellt 
(der Synchronmotor für den Progammablauf läuft dann halt etwas 
schneller) und dann bei der Erstinbetriebnahme in USA die Pleite: Motor 
dreht nicht.

UNTER der Waschtrommel (natürlich haben wir vor dem Versand die Maschine 
oben geöffnet und nach verdächtigen Elektronikbaugruppen gesucht) war 
die Triac Drehzahlsteuerung des Motors. Und die war schon mit µC 
betrieben, Quarz war ein 4MHz.

Dann per konzerninterner Kontakte einen 4,8MHz Quarz bestellt und 
eingebaut: Maschine lief bis zur Rückkehr drei Jahre lang ohne Probleme.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Thomas R. schrieb:
> Dann per konzerninterner Kontakte einen 4,8MHz Quarz bestellt und
> eingebaut: Maschine lief bis zur Rückkehr drei Jahre lang ohne Probleme.

Die 20% höhere Wasch/Schleuderdrehzahl kann aber auch Probleme machen.

von Thomas R. (thomasr)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Thomas R. schrieb:
>> Dann per konzerninterner Kontakte einen 4,8MHz Quarz bestellt und
>> eingebaut: Maschine lief bis zur Rückkehr drei Jahre lang ohne Probleme.
>
> Die 20% höhere Wasch/Schleuderdrehzahl kann aber auch Probleme machen.

Hm, interessanter Hinweis. Aber das Ding war wohl drehzahlgeregelt und 
daher blieb zumindest die Schleuderdrehzahl wohl bei 50 und 60Hz gleich? 
Einen Vergleich hatte ich ja nicht ;-)

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Thomas R. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Thomas R. schrieb:
>>> Dann per konzerninterner Kontakte einen 4,8MHz Quarz bestellt und
>>> eingebaut: Maschine lief bis zur Rückkehr drei Jahre lang ohne Probleme.
>>
>> Die 20% höhere Wasch/Schleuderdrehzahl kann aber auch Probleme machen.
>
> Hm, interessanter Hinweis. Aber das Ding war wohl drehzahlgeregelt und
> daher blieb zumindest die Schleuderdrehzahl wohl bei 50 und 60Hz gleich?

Du hast die Referenz, den Quarz, geändert!


> Einen Vergleich hatte ich ja nicht ;-)

Einfach eine Runde mitfahren...

von Werner H. (werner45)


Lesenswert?

zurück zum Rechteck und Trafo:
War schon früher als Netzteil für die Spannungen von Röhrenradios in 
alten Autoradios üblich. Wechselspannung durch einen "Zerhacker" für 6 
oder 12 V mit nachfolgendem Trafo und Selengleichrichtern (Das Militär 
hatte Einanker-Umformer nach dem Motor-Generator-Prinzip verwendet).
Mit Aufkommen der Ge-Transistoren gab es bald Transistorzerhacker als 
Ersatz der Anodenbatterie in Kofferradios.
Alle arbeiten primär mit Rechteckspannung - es funktioniert also.

von Carypt C. (carypt)


Lesenswert?

ich danke für die erklärenden worte warum es mit der höheren frequenz 
wenig probleme macht, die natur des magnetischen feldes im trafo, der 
sättigung, des damit wegfallenden blindwiderstandes, war mir noch nicht 
klar.

die transformatorenhauptgleichung habe ich auch angesehen. anstatt des 
sinus-faktors (2^0,5)*pi=4,44 wird für rechteckwechselspannung der 
faktor 4 geführt. da die anderen faktoren der gleichung bis auf die 
frequenz gleich bleiben, errechne ich eine frequenz von 55,53 Hz für die 
rechteckspannung.
Ueff 230V~=4,44*50Hz*1,035 (1,035 ist der rest der gleichung , der ja 
gleich bleibt) wird zu Ueff 230V=4*55.53Hz*1,035. also zwei 
rechteckpulse unterschiedlicher polarität von 230V von 9msek je 
schwingung, eben 55Hz.

das zerhacker-relais auf wikipedia ist mir glaube ich noch nicht unter 
die finger gekommen, wo ich ja sonst immer alles auseinandergenommen 
habe. das ist aber eine einfache methode um an notstrom zu kommen, ohne 
transistoren zu verstehen.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.